Ich dachte er wäre blind...

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
ladybug Avatar

Von

Ich habe dieses Buch in einem Rutsch durchgelesen und es ließ mich irgendwie wütend und enttäuscht zurück. Das ist aber gar nicht schlecht, denn es spricht ja durchaus für ein Buch, wenn es den Leser tatsächlich wütend macht. Und "Bunker Diary" hat mich nicht nur wütend gemacht während ich mich durch die Seiten arbeitete, es hat mich auch traurig, nachdenklich und ängstlich gemacht. Für mich versteckt sich zwischen den grauen und nicht sehr schön anzusehenden Buchdeckeln ein gutes Buch, auch wenn es absolut nicht zufrieden stellend ist, aber es bleibt im Kopf. Die Rezension soll nun natürlich nicht zu viel verraten (denn das würde dem Buch seine ganze Spannung nehmen), aber trotzdem meine Gedanken zu diesem doch etwas anderen Buch darstellen.

Die Geschichte dreht sich um Linus, er ist ein Jugendlicher Ausreißer und lebt mehr oder minder auf der Straße. Eines Tages trifft er auf einen Blinden, der ihn bittet ihm etwas zu tragen und so kam Linus in den Bunker. Der vermeintlich Blinde entpuppt sich nämlich als listiger Entführer, der den Jungen mitten am Tag auf einer Straße einsammelt und betäubt. Als Linus dann wieder zu sich kommt, befindet er sich in einem Bunker, allein aber beobachtet. Allein soll er jedoch nicht lange bleiben, der Entführer sammelt fleißig weiter Menschen ein und beginnt mit ihnen ein grausames Spiel...

Linus war für mich eine sehr bewegende Figur, denn obwohl er sich in einem Bunker befindet aus dem es keinen Ausweg zu geben scheint, bewahrt er sich alles an Menschlichkeit und einen sehr kühlen Kopf. Linus wirkt immer sehr gefasst und versucht Ordnung in diese Welt zu bringen, dadurch wirkt er sehr stark und aufrichtig. Ich würde wahrscheinlich in einer Ecke sitzen und den Kopf in den Sand stecken. Die anderen Charaktere sind allesamt sehr unterschiedlich, manche muss man ins Herz schließen und andere lernt man zu hassen, aber wieder andere lassen sich nur sehr schwer oder gar nicht einschätzen. Die Tagebuchform lässt den Leser in die Rolle eines Voyeurs oder eines Entdeckers schlüpfen, denn man liest die geheime Chronik der Gefangenschaft und man spürt die Stimmungen von Linus an seiner Art zu schreiben. Aber man fühlt sich auch immer etwas benommen und schuldig, erinnert der Bunker doch ein wenig an eine perverse Version von Big Brother.

Mein Fazit: Der Autor hat hier einiges geleistet und ein unangenehm realistisch wirkendes Buch geschaffen, was nicht zuletzt an seinem facettenreichen Schreibstil liegt. Und obwohl ich das Buch als zutiefst ungerecht und unbefriedigend einstufen würde, hat es mich doch auch sehr bewegt. Es ist einfach wirklich unangenehm aber auch berührend und auf eine verquere Art und Weise spannend!