Von Notdurft verrichten bis Kacken- Obdachlosigkeit

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mianna Avatar

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Philippe wird von seiner Frau Sandrine aus der gemeinsamen Wohnung geschmissen, als die Beziehung in die Brüche geht. Zu seiner geliebten Tochter Claire darf er nun keinen Kontakt mehr haben. Als er zudem seinen Job verliert, ist er obdachlos. Diese Obdachlosigkeit, sein tristes, grauenvolles Leben werden im Weiteren geschildert. Es scheint alles verloren...
Das Thema Obdachlosigkeit wird in diesem Buch sehr interessant, für den Leser gut fühlbar beschrieben. Eine hoffnungslose, traurige, wütende Stimmung spricht den Leser emotional an. Der klare, auf das wichtigste begrenzte Erzählstil ist im Zusammenhang mit der hohen Emotionalität des Textes wirklich gelungen.
Dabei ist die Geschichte glaubwürdig durch die Realitätsnahe und wunderschön wegen der philosophischen Gedanken, die ein ein Bild vom Mensch-Sein, vom Scheitern und von den Abgründen des Lebens zeichnet.
Die Charaktere sind allesamt liebevoll beschrieben und erzählen eine runde Geschichte, die Spannung aufbaut und langfristig nachdenklich macht.
In kurzen, mit Schlüsselworten überschriebenen, Kapiteln wird Spannung aufgebaut und aufrechterhalten.
Die allgemein leichte, gut verständliche Sprache wird von philosophischen Gedanken durchzogen, die des Lesers Aufmerksamkeit auf sich lenken. „Die Zukunft wird in der Gegenwart gelebt. Einer Gegenwart, die sich nicht beugen lässt. Oder wenn, dann nur im Infinitiv, der Form des Unbestimmten. Weil heute so ist wie gestern und morgen so wie heute.“ (S.135) Zeitweise wird die sprachliche Ausdrucksweise durch abgehackte Aufzählungen unterbrochen, „Essen. Schlafen. Trinken. Sauber bleiben. Emmaus. Betteln. […] Notdurft verrichten.“(S.135), die später deutlicher und ungehemmter werden, „Pinkeln. Dunkle Ecken. Kacken. Alkohol. Nicht verrecken.“ (S.180) In diesen Aufzählungen wird der gedankliche Werdegang und die Verfassung von Philippe deutlich, machen die Geschichte interessanter.
Insgesamt hat mich das Buch mit seiner bedrückenden, fesselnden und hoch emotionalen Geschichte überrascht und mir einen anderen Blickwinkel auf, die mir manchmal stündlich mehrmals begegnenden, Obdachlosen ermöglicht.