Geht unter die Haut

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gagamaus Avatar

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Inhalt:
Matthew Homes sitzt in einer psychatrischen Klinik und erzählt seine Geschichte. Von seinem älteren Bruder Simon, der am Downsyndrom litt und der im Alter von 12 Jahren ums Leben gekommen ist. Von seinen Eltern, die nicht nur mit dem Verlust des einen Sohnes sondern auch mit der psychischen Erkrankung des zweiten fertig werden mussten. Von den letzten 10 Jahren, vom Leben mit seiner Krankheit, von Tiefpunkten und schweren Krisen, von der Trauer und von noch viel mehr. Er schreibt auf dem Computer, an der Schreibmaschine, kritzelt Briefe und Zeichnungen. Das Buch ist wie eine Sammlung all seiner Gedanken und Dokumente.

Meine Meinung:
Nathan Filer ist mit seinem Erstling wirklich ein großer Wurf gelungen. Dies liegt nicht nur an der einfühlsamen und authentischen Erzählstruktur sondern auch daran, wie er die Gefühle seiner Protagonisten in all ihrer Bandbreite beschreibt und dem Leser trotzdem die Möglichkeit lässt, sich ein eigenes Bild zu machen und die Hauptdarsteller langsam und sehr intensiv kennen zu lernen.
Man muss sich sicherlich auf diese ungewöhnliche Geschichte einlassen können. Auf die sehr intime Art, mit der Matt uns durch sein Leben führt. In schlechten Phasen verwirren sich seine Gedanken und er hüpft zwischen Vergangenheit und Gegenwart hin und her. Wir dürfen seine Wahnvorstellungen ebenso miterleben, wie tatsächliche Erlebnisse, Gespräche und Gedanken. Wie ein Puzzle, in dem die einzelnen Teile durcheinandergekommen sind, breitet er alles vor dem Leser aus.
Die zwei großen Themen des Buches sind der Tod des Bruders und die verschiedenen Formen der Trauer, aber auch die psychische Erkrankung des Erzählers Matthew, die ihn in tiefe existenzielle Abgründe führt – und der Leser ist mitten drinnen.
Man sollte nicht davor zurückschrecken, dass das Buch über weite Strecken sehr traurig und Matthew ein spröder Typ ist, der es einem nicht immer leicht macht, ihn zu verstehen oder gar zu lieben. Aber die Geschichte ist mit so viel Poesie und Liebe zu den Menschen geschrieben und das Ende mit einem versöhnlichen und heiteren Tenor, dass ich es uneingeschränkt jedem ans Herz legen möchte, der nach einem besonderen Buch sucht und der es gerne etwas anspruchsvoller hat. Die Geschichte ist mir unter die Haut gegangen.