Wundervoll geschrieben, wenn auch nicht ganz einfach zu lesen

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lilli333 Avatar

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Inhalt:
Mit neun Jahren verliert Matthew seinen drei Jahre älteren Bruder Simon durch einen tragischen Unfall. Er gibt sich selbst die Schuld an dessen Tod. Aufgrund einer psychischen Erkrankung wird er in die Psychiatrie eingewiesen, wo er lernen muss, mit seiner Krankheit zurechtzukommen und Simons Tod zu verarbeiten.

Meine Meinung:
Nathan Filer ist mit seinem Debüt ein großartiger Roman gelungen. Er lässt Matthew seine Geschichte erzählen und man nimmt ihm dabei jedes Wort ab, weil es so authentisch wirkt. Hier macht sich wohl bemerkbar, dass der Autor als Krankenpfleger in einer psychiatrischen Klinik gearbeitet und intensiv recherchiert hat.

Der Schreibstil ist sehr gewöhnungsbedürftig. Man wird immer wieder mit unzusammenhängenden Bruchstücken der Handlung konfrontiert, mit zum Teil wirr erscheinenden Gedankenfetzen infolge der Vernebelung durch die Medikamente. Es wird nicht chronologisch erzählt, sondern immer wieder in der Zeit gesprungen, wobei es mir öfter schwerfiel, zu erkennen, wo ich mich nun gerade befinde. Dadurch dass Matthew den Leser immer wieder direkt anspricht, entsteht ein Sog, man wird tief in die Geschichte hineingezogen und kommt dem Ich-Erzähler sehr nahe. Man hat den Eindruck, Matthew will sich dem Leser öffnen, ihm alles zeigen, was ihn bewegt, womit er zu kämpfen hat. Dabei spart er auch die negativen Dinge über sich nicht aus.

Es werden nur kleine Andeutungen eingeflochten über das, was in der Nacht des Unfalls passiert sein könnte, denn anfangs erfahren wir nur, dass Simon tot ist. So wird die Spannung bis zum Schluss aufrechterhalten.

Der Roman lebt von seinen einzigartigen Charakteren. Sie sind so detailliert ausgearbeitet, dass man nie irgendwelche Zweifel an ihren Verhaltensweisen bekommt. Dabei war mir Matthew von Anfang an sehr sympathisch.

„Sie sollten wissen, dass ich kein netter Mensch bin.“ (S. 7) Wenn jemand so etwas sagt, kann er so schlimm schon mal gar nicht sein, oder?

Hervorzuheben ist auch die Aufmachung des Buches. Von Illustrationen bis zu verschiedenen Schriftarten wird auf diverse Hilfsmittel zurückgegriffen, um die Darstellung der Geschichte zu intensivieren. Das ist wirklich sehr gut gelungen.

Fazit:
„Nachruf auf den Mond“ ist ein anspruchsvolles Buch, das den Leser berührt und bewegt und mit vielen netten Details aufwartet, die man vielleicht sogar erst beim zweiten Lesen wahrnimmt.