Das Buch der Spiegel

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rauscheengelsche Avatar

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Beinahe hätte der Literaturagent Peter Katz das ungewollt eingesandte Manuskript übersehen. Schnell fesselt ihn der Text von Richard Flynn, der angeblich auf wahren Begebenheiten basiert und den Tod des berühmten Psychologen Wieder zwanzig Jahre zuvor in ein neues Licht rücken würde. Schnell ist Katz fasziniert von dem Roman, der das Zusammenleben von Flynn und der Studentin Laura Baines beschreibt, die bei Wieder am Seminar tätig war. Sie ist es auch, die die beiden Männer bekannt macht. Trotz der Unterschiede finden sie sich interessant und eine Art Freundschaft entsteht, die jedoch an einem alkoholschweren Abend ein tragisches Ende nimmt. Es fehlt jedoch der Ausgang der Geschichte und Katz beauftragt einen befreundeten Privatdetektiv, der Sache nachzugehen. Doch statt Klarheit wirft der Fall immer weitere Fragen auf.

Dem Roman „Das Buch der Spiegel“, das fast gleichzeitig von namhaften Verlagen in verschiedenen Ländern veröffentlicht wird, geht eine ordentliche Werbemaschinerie voraus, so dass die Neugierde unweigerlich geweckt wird und die Erwartungen hoch sind. Ein Mord, zwanzig Jahre lang ungeklärt, viele Verdächtige, unzählige Versionen der Geschehnisse des betreffenden Abends – das alles in einer durchaus reizvollen Erzählstruktur. Drei unterschiedliche Figuren nähern sich den Ereignissen aus unterschiedlichem Blickwinkel: der Literat, der nach einem guten Text sucht; der Detektiv, der seinem Bauchgefühl folgt und sein Privatleben hinter die Ermittlungen stellt und der Polizist, der seinen noch offenen Fall klären will. Diese unterhalten sich mit den Verdächtigen und folgen den ihnen vorliegenden Spuren mit dem Ergebnis, dass immer wieder andere Versionen der Geschehnisse in den Fokus rücken. Ein im Ansatz wirklich cleveres Spiel mit dem Leser.

Die anfängliche Spannung und Begeisterung, die ich – ähnlich wie Katz beim Lesen des Manuskripts Flynns – spürte, verlor sich jedoch leider mehr und mehr im Laufe der Handlung. Ebenso wie John Keller, der private Ermittler, war mein Interesse an dem Fall nach etwa 2/3 der Handlung ziemlich erschöpft und das letzte Drittel mehr ein Abhandeln als ein Lesegenuss. An der Grundstruktur lag es nicht, diese ist einfallsreich gestaltet, aber die Figuren konnten nicht überzeugen. Durch die drei Wechsel der Perspektiven blieben die Protagonisten schwach, undefiniert und unscheinbar. Zudem waren mit die Vorkommnisse des entscheidenden Abends einerseits zu wirr und andererseits letztlich etwas zu konstruiert, um nur ansatzweise glaubhaft zu sein. Zwar gab es ein starkes Motiv, aber mich überzeugen Bücher mehr, deren Lösung von Beginn an angelegt ist und die nicht als zufälliges Beiprodukt plötzlich wie Deus ex Machina auftauchen.

Daher leider das Fazit: gute Idee, starker Anfang und dann leider zu sehr nachgelassen.