Verschiedene Gesichter, verschiedene Leben

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Obwohl „Die Gesichter“ schon das dritte Buch von Tom Rachman ist, hatte ich noch nie zuvor von ihm gehört und gedacht, es hier mit einem Debüt zu tun zu haben. Nach meiner Recherche stellte ich aber fest, dass besonders sein erstes Buch von der amerikanischen Presse sehr gelobt wurde – wenn es so gut ist, wie dieses, dann zu Recht!

Als das Buch bei mir ankam war ich zuerst wirklich verwundert: Ich hatte schon einige Formen von Vorab-Exemplaren gesehen, aber so wie dieses war noch keines. Besonders hervorstechend hierbei natürlich der „ungleiche“ Buchschnitt und das unfertige Buchcover, was den Verlag bestimmt sogar noch einmal zusätzliche Arbeit gekostet hat.

Aber darum geht es ja hier nicht – sondern um den Inhalt. Erzählt wird die Geschichte von Charles „Pinch“, einem Mann, dessen gesamtes Leben jeher von dem Ruf und Ruhm seines Vaters überschattet wird, einem bekannten Künstler. Doch auch der Vater selbst kämpft mit seinem Schicksal, kann sich nicht entscheiden zwischen der Prominenz und der Anonymität. Für Pinch wird es ein Leben, hin- und hergerissen zwischen Selbstbewusstsein und der Abhängigkeit vom Vater.

Der Schreibstil war für mich anfänglich gewöhnungsbedürftig. Das Präsens liest man ja eher selten und so deutlich wie hier ist es mir noch nie aufgefallen. Doch wenn man sich einmal an die Zeitform gewöhnt hat, fällt auf, wie gut Rachman doch schreibt. Dies merkte ich besonders daran, dass die Figur des Vaters, Bear Bavinsky, zwar ein fiktionaler Künstler ist, Rachman es aber schafft durch gute Beschreibungen den Eindruck zu erzielen, als hätte man schonmal etwas von diesem Künstler gehört oder sogar gesehen. Der Leser taucht in das (teilweise sehr duchzechte) Leben unser zweier Protagonisten ein und erhält Einblicke, in Emotionen und Gedanken, wie man es nur selten sieht.

Der englische Titel „The Italian Teacher“ wird erst mit dem Lesen des Buches klar – wie so vieles dieser Geschichte. Ein Buch, dass Angst, Einfluss und Beziehungen in sich vereint, wie es nur wenige können. Es erinnert vom Flair an „Licht und Zorn“ von Lauren Groff und spielt in der gleichen Liga! Sehr empfehlenswert!