Die Leben im Limbus: Über Depression, Suizid und unbegrenzte Möglichkeiten

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laleli Avatar

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Alles scheint freudlos und festgefahren im Leben von Nora, einer junge Frau mit Depressionen. Und so entschließt sie sich zum Selbstmord.

Doch nun hängt sie fest, zwischen Tod und Leben, in einer Art Limbus, also einer in ihrem Fall eigentlich recht angenehmen "Vorhölle" in Gestalt einer Bibliothek.

Dort ist es immer Mitternacht und in jedem Buch der Bibliothek, das sie aufschlägt, durchlebt Nora verschiedene Versionen ihres Lebens, wie es hätte sein können, wenn sie sich an bestimmten Stellen in ihrem eigenen "ersten" Leben anders entschieden hätte: Wenn sie also Musikerin geworden wäre, Ehefrau, Leistungssportlerin, Forscherin...
Wenn sie sie also genutzt hätte, die vertanen Chancen und verpassten Gelegenheiten, die sie später bereute. Wenn sie andere Verästelungen ihres "Lebensbaumes" entlang gegangen wäre.

Das sind interessante Gedankenspiele und man bangt mit Nora, wenn sie sich wieder durch ein neues Leben tasten muss, in das sie einfach hinein geworfen wurde und das ihr selber vollkommen unbekannt ist - z.B. als sie einmal kurz nach dem Eintritt in ein neues Leben einen öffentlichen Vortrag vor großem Publikum halten muss, ohne jede Vorbereitung...

Manchmal wünscht man sich, Nora würde länger verweilen in einem spannenden Leben, doch die Geschichten werden immer nur angerissen und Nora stets wieder in die Bibliothek zurück katapultiert.

Und doch: Aus jedem der Leben nimmt sie etwas mit an Erfahrungen und Erkenntnissen und sie spielt so viele Möglichkeiten durch, dass sie am Ende dann...
Nein, was am Ende geschieht, werde ich nicht verraten!

Nur so viel: Man erfährt einiges über die Möglichkeiten, die unser Leben eigentlich in jeder Situation bietet und lernt, dass vermeintlich vertane Chancen kein Grund zur Reue und einem fortan durchweg negativen Lebensgefühl sein müssen.

Eine Therapie gegen Depressionen ist das zwar nicht, aber es sind durchaus spannende Gedankenspiele und interessante Geschichten, die Matt Haig uns präsentiert.

Mich hat das Buch fasziniert und zum Nachdenken angeregt. Ja ich glaube fast, es hat sogar dauerhaft etwas bei mir verändert: So wird der Blick in die Vergangenheit versöhnlicher (für viele Entscheidungen kann man selbst ja wenig oder gar nichts und möglicherweise waren sie ja gar nicht falsch....) und der Blick in die Zukunft offener und kreativer (liegen da nicht vielleicht doch noch viele Chancen und Möglichkeiten...?).