Mit Opa am Canal Grande

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timphilipp Avatar

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Das Leben des 83jährigen Opa Johann und seiner Familie - Sohn Thomas, Schwiegertochter Astrid und Enkelin Lucie - gerät plötzlich aus den Fugen, als ihn die Italienerin Emilia über facebook als ihren Großvater aufspürt. Und tatsächlich hatte Johann vor einem halben Jahrhundert eine kurze Liaison auf einer Italienreise, der die ihm verheimlichte Tochter Franca entstammt. Franca lehnt den Kontakt mit ihrem Erzeuger vehement ab. Sich damit nicht abfinden wollend, begibt sich Opa Johann kurz entschlossen nach Venedig. Begleitet wird er im Hinblick auf sein Alter und seine Gesundheit von Astrid und Lucie. Sie nehmen inkognito an einem von Franca geleiteten Sprachkurs teil. Dieser Kurs hat aber nicht nur Auswirkungen auf Opa Johanns Leben. Astrid, deren Eheleben mittlerweile eingefahren ist, wird von dem Mitschüler Theo hofiert. Lucie verliebt sich in den Mitschüler Pawel und schmiedet mit ihm Zukunftspläne fernab der Heimat. Gibt es für die Vater-Tochter-Beziehung ein Happy End, und wie geht es im Liebesleben von Astrid und Lucy weiter?

Der vor allem Leserinnen ansprechende Familienroman nimmt sich des Themas des Kontaktaufbaus zwischen unehelichem Kind und leiblichem Vater in unterhaltsamer, manchmal auch humorvoller Weise an. Da wünscht man sich direkt, dass sich alle unehelichen Väter ein Beispiel an Johann nehmen und zu ihrer Verantwortung stehen. Nebenher wird d. Leser(in) anschaulich durch Venedig geführt und werden geographische und kulturelle Kenntnisse über die Stadt vermittelt, wie es kein Reiseführer besser könnte - ganz zu schweigen von diversen italienischen Vokabeln und Empfehlungen typischer venezianischer Speisen und Getränke (wobei das "Brioche" und der "Spritz" für meine Begriffe jedoch etwas zu häufig erwähnt werden). Es werden jedenfalls Träume von Venedig geweckt, die noch durch das gelungene bunte Cover mit dem venezianischen Motiv verstärkt werden.

An Lebhaftigkeit gewinnt die Geschichte durch ihre verschiedenen Figuren, die unterschiedlichen Generationen angehören. Opa Johann wird durch seine junge Enkelin in vielem beflügelt und nimmt trotz seines Alters gerne noch die Rolle des jugendlichen Charmeurs ein. Astrid ist nicht das dem Klischee entsprechende "böse Schwiegerkind", sondern sehr um Johann bemüht. Für sie ist die Reise auch eine Art Flucht aus ihrem Alltag. Enkelin Lucie ähnelt in vielem ihrem Opa, sie möchte sich endlich von zu Hause abnabeln. Sohn Thomas - über weite Passagen kaum erwähnt - fällt am Ende noch eine besondere Rolle zu. Der jungen, spontanen Emilia bleibt die Familienzusammenführung überlassen. Die an sich offenherzige und tolerante Franca übt ihrem Vater gegenüber harte Zurückhaltung.

Ein zu empfehlender Roman, der sich schnell und einfach liest.