Geschichte zwischen Fiktion und Realität

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avila Avatar

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Friedrich, ein Schweizer, wächst mit einem Vater auf, der den Nazis skeptisch gegenüber steht, aber oft nicht zu Hause und mit einer Mutter, die mit den Nazis sympathisiert und sich um ihren Sohn kümmert. Mehr als das. Ihren eigenen Traum vom Malen konnte sie sich nicht erfüllen, so dass sie diesen auf ihren Sohn projiziert. Doch nach einem schrecklichen Unfall verliert ihr Sohn die Fähigkeit Farben zu unterscheiden. Um Distanz zu seiner Familie zu gewinnen und weil er neugierig auf die unfassbaren Ereignisse in Berlin ist, beschließt er nach Berlin zu fahren. Dort macht er die Bekanntschaft mit Kristin, einer Frau, die ihn sofort in ihren Bann schlägt mit ihren vielseitige Facetten.

Würger beschreibt die Geschichte in knappen Sätzen, die oftmals maximal aus einem Haupt- mit Nebensatz bestehen. Auch haben die aufeinander folgenden Sätze nicht immer einen Bezug zum nächsten Satz. So startet er jedes Kapitel mit einer Aufzählung von mehr oder weniger historischen Ereignissen, die in diesem Monat passieren. Das können Nazierlässe sein oder Geburten von heutigen hochrangigen Politikern oder auch ganz andere gesellschaftliche Veränderungen. So vermittelt Würger oftmals relevanten Informationen in Nebensätzen oder sie müssen sich erschlossen werden. Eine schnelle Identifikation mit den Personen wird auf jeden Fall erschwert und oftmals bleiben Handlungshintergründe unklar. Positiver formuliert lässt Würger viel Raum für eigene Interpretation.

Wirken tut das Buch dennoch. So begleitete mich die Geschichte im Alltag und auch nachts in meinen Träumen. Durch den Mix an Realität und Fiktion bekommt das Buch eine ganz eigene Dynamik und Spannung. Auch weil alleine durch den Titel schon viel vorweg genommen wird, was sich erst im letzten Drittel des Buches aufklärt. So war das Buch ein interessantes Lesevergnügen, auch wenn ich am Ende ein wenig verwirrt zurück gelassen wurde. Zum einen was die Intention des Autors anging und zum anderen wo nun Fiktion anfing und Realität aufhörte. Leider gab es dazu auch kein informatives Nachwort. Der Epilog könnte ggf. damit gemeint sein, aber da ein solcher eigentlich immer zur Geschichte gehört, würde ich ihn ungern als bare Münze nehmen.