Interessant, berührend und verstörend!

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miro76 Avatar

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Friedrich ist ein junger Mann aus gutem Schweizer Hause. Sein Vater ist wohl situiert, seine Mutter eine trinkende Künstlerin, die sich nichts sehnlicher wünscht, als aus ihrem Sohn einen Künstler zu machen. Doch Friedrich kann ihren Ansprüchen nicht genügen.

Als die Gerüchte, die Nazis würden Juden mit Möbelwägen abholen und irgendwo hin verfrachten an den Genfer See gelangen, will Friedrich wissen, ob das stimmt. Er bricht auf nach Berlin, um sich selbst ein Bild zu machen. Er ist ein recht naiver, unschuldiger Charakter und Berlin beginnt ihn zu verändern. Er wird mutiger, selbstbewusster und er findet seine erste große Liebe.

Kristin nimmt ihn mit in das geheime Nachtleben der Kriegsgeneration - die verbotenen Jazz- und Swingclubs. Sie ist Sängerin und verkörpert für ihn das wilde, freie Leben. Doch sie ist nicht, was sie zu sein vorgibt, denn Kristin heißt eigentlich Stella und ist Jüdin. Um sich und ihre Familie zu retten, soll sie andere versteckte Juden verraten. Friedrich ist gezwungen eine Entscheidung zu treffen.

Takis Würger hat aus Stellas Geschichte, die auf Tatsachen beruht, einen berührenden und aufwühlenden Roman gemacht. Die junge Liebe zwischen Friedrich und Stella gibt den Tatsachen einen plastischen Rahmen und macht die Realität zu einer spannenden und greifbaren Geschichte. Die Charaktere kommen uns nahe und so hatte ich beim Lesen ständig das Gefühl, ich müsste Friedrich, der erst spät in die Gänge kommt, anstupsen. Friedrich ist mit dem erlebten völlig überfordert und sieht sich gezwungen, endlich erwachsen zu werden. Berlin wird ihn für immer prägen.

Eingerahmt ist die Geschichte außerdem mit historischen Fakten. Zwischen den Kapiteln wird die Story in der Zeit verankert und wir lesen Bekanntes und Randwissen aus dem Jahr 1942. Das gibt dem Roman zusätzlich Bodenhaftung.

Mir hat dieses Buch sehr gut gefallen und die Geschichte hat mich tief berührt und verstört zugleich. Von mir gibt es daher eine uneingeschränkte Leseempfehlung und ich werde schleunigst die Lektüre von Takis Würgers erstem Roman "Der Club" nachholen.