Konnte nicht ganz überzeugen

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Darum geht's:

Leela ist am Boden zerstört, als sie erfährt, dass ihr Freund Jakob beim Einsturz der Antarktis-Station Neumayer III ums Leben gekommen ist. Kurz vor seinem Tod hat er ihr Dateien geschickt, die sie an seine Exfreundin Mackenzie weitergeben soll. Der Inhalt ist brisant, denn Jakob hat Beweise, dass die weltweite Klimakatastrophe aus Geldgier nicht verhindert wurde und von wem. Leela beschließt, Jakobs Kampf zusammen mit Mackenzie weiterzuführen.

So fand ich's:

Ein paar wenige Jahre in der Zukunft hat sich das Klima so verändert, dass Überschwemmungen, Dürren und gigantische Stürme große Teile des Globus unbewohnbar machen. Flüchtlingstrecks ziehen nach und durch Deutschland und die Folgen des Extremwetters sind überall zu sehen und zu spüren. Dies bildet den Hintergrund der Story und die Motivation für die Umweltschützer, immer radikaler zu werden. Ein ausgearbeitetes Szenario mit fiktiver Fortführung der Realität, mit wissenschaftlichen Modellen und Erklärungen für die Änderungen der Umweltbedingungen, bekommen wir allerdings nicht.

Leela bildet das Zentrum der Handlung und in ihrem Umfeld finden sich Vertreter der verschiedenen möglichen Entwicklungen. Ihr Vater hat Jahrzehnte in einem Kohlekraftwerk gearbeitet. Ihr ums Leben gekommener Freund war Glaziologe. Ihr Mutter hält sich am Glauben fest und folgt einem Sektenführer. Die Exfreundin ihres Freundes ist militante Umweltschützerin. Wie praktisch, aber für meinen Geschmack ein bisschen zu konstruiert.

Genauso ließen mich die Namen einiger Beteiligter zweifeln, ob es sich um einen ernst gemeinten Roman oder doch um eine Satire handelt. Ein Strippenzieher heißt Paulus Moses, die Bundeskanzlerin Falk, die Finanzministerin Fuchs (wieso eigentlich nicht gleich Pfennigfuchser?), der Bildungsminister Casper, die Familienministerin Klopp, die Umweltministerin Baum, das Wirtschaftsresort leitet Herr Becker (okay, nicht Bäcker, man ist ja dankbar) und der absolute Namens-Hit ist Innenminister Kotzer.

Durch die distanzierte Erzählweise habe ich nicht wirklich mit den Personen mitgefiebert und mitgefühlt, selbst Leela blieb mir fremd. Ich erlebte nur mit, wie sie sich Jakobs Umweltkampf zu eigen machte. Aber war sie vorher völlig uninteressiert an dem Thema? Selbst ihr Beruf ist mir nicht im Gedächtnis geblieben, sondern nur, dass sie an einem Buch schreibt und sich jedes Mal wundert, wenn man sie als Autorin bezeichnet. Ihr Wesen ist mir durch die Finger geflutscht, genauso wie das der anderen Personen, die kommen und gehen, ohne dass sie einen emotionalen Eindruck hinterlassen.

Wie Leela sich durch die politischen Verflechtungen, die von Macht- und Geldgier getriebenen Firmen und ihre Auftragsverbrecher stümpert, habe ich zwar verfolgt, aber mir haben auch hier Hintergründe und Motivation gefehlt. "Geld und Macht" hat mir nicht ausgereicht, doch wir bekamen keinen wirklichen Einblick in die Motivation, der über Fanatismus und Verblendung hinausgeht. Dadurch blieben die Bösewichte schablonenhaft, was mir nicht wirklich gefallen hat. Denn jede(r) hat Gründe und niemand ist nur böse, ohne dass es eine nachvollziehbare Erklärung dafür gibt. Die Verschwörung der Mächtigen war im Hintergrund präsent, aber ebenfalls nicht greifbar für mich.

Manchmal habe ich mich im zeitlichen Ablauf des Buches verloren. Es wirkte, als würde die Handlung am nächsten Morgen mit einer anderen der verschiedenen Erzählperspektiven fortgeführt, doch dann merkte man, dass einige Wochen vergangen waren und irgendwo im Kapitel mit wenigen Sätzen die zeitliche Lücke gefüllt wurde. Auch das hat den Eindruck einer gewissen nebulösen Schwammigkeit, die ich beim Lesen empfunden habe, verstärkt.

Leelas gewählte Lösung ist das Ende des Buches. Ich bezweifle, dass ihre Maßnahme zu dem gewünschten Ergebnis führt, doch an dieser Stelle wird ausgeblendet, ohne dass wir erfahren, wie genau sich was ändert.

Unterm Strich war weder die Erzählweise mitreißend oder informativ, noch die Personen so lebensnah gestaltet, dass man mitfühlen konnte und das gesamte Buch blieb für meinen Geschmack zu weit an der Oberfläche aller Bereiche. Das fand ich sehr schade, denn das Thema ist hochaktuell und die Problematik, die hier aufgegriffen wird, erweckt auch in mir das Gefühl, dass man jetzt dringend handeln muss, bevor die Umweltschäden nicht mehr umkehrbar oder aufzuhalten sind, sondern wir auf eine globale Katastrophe zusteuern, die der Menschheit die Lebensgrundlage entzieht. Das Thema alleine reicht aber nicht aus, um dieses Buch zu tragen. Ich hätte mir griffigere Personen mit mehr Tiefe, eine packendere Story und / oder mehr Informationen über die machtvolle Verflechtung von Wirtschaft und Politik und die Umweltveränderungen gewünscht. So konnte mich das Buch leider nicht überzeugen.

Das Cover gefällt mir ausgesprochen gut. Und die Antarktis-Station Neumayer III gibt es wirklich und man kann sich hier auf der Seite des Alfred-Wegener-Instituts etwas näher darüber informieren.