Bestseller-Potenzial

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Als ich den Titel „Urlaub vom Patriarchat“ las, dachte ich spontan: Oh ja, nimm mich mit! Und genau das tut Friederike Oertel. Sie nimmt uns mit auf eine faszinierende Reise nach Juchitán, eine Stadt im südmexikanischen Bundesstaat Oaxaca, wo Frauen öffentlich sichtbar, wirtschaftlich selbstständig und kulturell bestimmend sind – ein Ort, der oft als matriarchal bezeichnet wird.

Oertels Buch ist weit mehr als ein Reisebericht und auch mehr als die Untersuchung eines vermeintlichen Matriarchats. Was dieses Buch so besonders macht, ist die kluge Verbindung aus persönlicher Erfahrung, journalistischer Recherche und wissenschaftlicher Fundierung. Oertel schafft es, ihre Erlebnisse vor Ort auf packende Weise mit soziologischen, historischen und politischen Kontexten zu verweben, ohne langatmig zu werden.

Diese Balance sorgt nicht nur für Lesefreude, sondern auch für Tiefe. Oertel reflektiert erlernte Glaubenssätze und stellt kluge Fragen – auch an sich selbst. Die Alltags-Beispiele sind nahbar und nachvollziehbar; viele davon kenne ich aus dem eigenen Umfeld nur zu gut.

Das Buch liefert aber nicht nur Einblicke in das Leben in einer vermeintlich matriarchalen Gesellschaft, sondern gibt auch eine historische und globale Einordnung: Wie ist das Patriarchat entstanden? War es schon immer so? Und welche Alternativen gibt – oder gab – es weltweit?

Oertel erzählt ohne zu belehren. Sie bewertet nicht pauschal, sondern zeigt auf – und genau das macht ihre Analyse so stark. Ganz nebenbei habe ich das Gefühl, neben ihr durch die staubigen Straßen Juchitáns zu laufen, die Quesadias zu schmecken und auf einer Vela zu tanzen.

„Urlaub vom Patriarchat“ ist ein wunderbar geschriebenes, fundiertes und inspirierendes Buch mit Bestseller-Potenzial. Für alle, die sich für Gesellschaftsentwicklungen, Geschlechterrollen und globale Perspektiven interessieren, ist es eine absolute Leseempfehlung. Für Feminist:innen sowieso Pflichtlektüre.