Das hat mich so abgeholt

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tänja_radi Avatar

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Von Friederike Oertels Buch "Urlaub vom Patriarchat" habe ich mich von Anfang an abgeholt gefühlt. Sie bricht auf, um eines der angeblichen letzten existierenden Matriarchate zu besuchen. Schon die Gründe für ihren Aufbruch konnte ich aus tiefstem Herzen nachvollziehen. Es ist eine Mischung aus dem Genervt sein, von der ständigen Diskriminierung, die jede von uns persönlich erfährt unter dem Wissen, dass es sich um Strukturen handelt, und einer depressiven Verstimmung.

Das Buch, das aus dieser Reise entstanden ist, ist eine Mischung aus Reisebericht und Sachbuch. Auch unterwegs erforscht Oertel das, was ihr persönlich begegnet, im strukturellen Zusammenhang. Ich habe dabei viel darüber gelernt, was als Matriarchat verstanden wird. Außerdem hat sie hochinteressante Fakten und Gedanken zu Geschlechterrollen, binärem Denken, Traditionen, Körperlichkeit und vielen mehr. Obwohl ich meiner Meinung nach viel feministische Literatur lese, waren mir einige Fakten neu und ich fand sie wahnsinnig interessant und auch emotional hat vieles stark an mir gerüttelt.

Besonders gefallen hat mir auch, dass sie benennt, wie viel - gerade wir als Millenials - in unserer Jugend falsch gelernt haben und wie häufig uns das ambivalente Gefühle gegenüber patriarchalen Strukturen beschert. So kann ich mich zum Beispiel mit dem Wissen anschließen, dass es sich bei der Ehe um ein patriarchales Instrument handelt. Gleichzeitig löst eine Hochzeit bei mir, genau wie bei Oertel, immer noch Freunde und romantische Gefühle aus. Sich diese Ambivalenzen bewusst zu machen, finde ich für den heutigen Feminismus extrem wichtig.

Auch wenn im Buch schnell klar wird, dass ein Matriarchat in exakter Entsprechung zum Patriarchat nicht zu finden ist, handelt es sich dennoch um ein Buch, dass Mut macht. Es erlaubt, sich selbst zu akzeptieren und stärkt meinen Glauben daran, dass es jederzeit möglich ist, Veränderungen anzustoßen und die Welt ein kleines bisschen gerechter zu machen.