Lehrreich
Jacqueline Kornmüller bezeichnet "6 aus 49" als "Roman, so steht es jedenfalls auf Umschlag und auf der Titelseite. Ich erwähne das, weil der "Roman" in wesentlichen Teilen auf nachprüfbaren Fakten beruht, also wenig Fiktives enthält.
Beschrieben wird das Leben der Großmutter der Ich-Erzählerin und zwar so, wie es sich für die Ich-Erzählerin dargestellt hat. Dieses Leben deutet sie so, dass die Großmutter stets "Glück gehabt" hat. Sie versteht darunter aber nicht, dass die Großmutter "glücklich" gewesen sei. Sie mutet sich offenbar bezüglich Glück und Unglück ihrer Großmutter kein Urteil zu.
Dass die Großmutter "Glück gehabt" habt, versteht sich nicht von selbst: Sie musste mit jungen Jahren das Elternhaus verlassen, um Geld als Kupfergeschirr-Reinigerin zu verdienen. Sie wird früh schwanger, wahrscheinlich infolge einer Vergewaltigung. Sie verliebt sich später in Kriegszeiten in einen Soldaten, der sich jedoch nach Kriegsende nicht mehr meldet und der, wie die Großmutter herausfindet, an einem anderen Ort eine Familie gegründet hat.
Wir erfahren dabei nichts über die Gefühle der Großmutter. Was wir erfahren, ist, dass sie sich von diesen Widrigkeiten nicht hat entmutigen lassen und durch ihre Arbeit es geschafft hat, Pächterin eines später bekannten und erfolgreichen Hotels in Garmisch zu werden.
Im Grunde ist der Roman eine Auseinandersetzung der Ich-Erzählerin mit ihrer Familie und mit dem Ort Garmisch-Partenkirchen, in dem sie aufgewachsen ist. Ihre Zuneigung bzw. Abneigungen macht sie dabei sprachlich deutlich. Von ihrer Großmutter spricht sie als "meiner Großmutter", nennt sie aber oft auch bei ihrem Vornamen "Lina". Ihre Mutter dagegen bezeichnet sie durchgehend distanziert als "Linas Tochter". Der Mann, den Lina geliebt hat und der sie verlassen hat, ist der "Zufallsgast". Ihren Vater nennt sie "Frankreich", weil er Franzose ist.
Am Interessantesten für mich war die Auseinandersetzung der Ich-Erzählerin mit der Vergangenheit von Garmisch-Partenkirchen, das sie stets als "Bindestrich" bezeichnet. Ihre Distanz beruht auf dem Verhalten der Garmisch-Partenkirchener während der Nazizeit. Die einzelnen Episoden, die die Ich-Erzählerin anführt, beruhen dabei auf historischen Fakten, die sie hauptsächlich von Alois Schwarzmüller übernommen hat, einem ortsansässigem Geschichtslehrer, der viel zu der nationalsozialistischen Vergangenheit Garmisch-Partenkirchens geforscht und sich dabei einige zu Feinden gemacht hat.
Hier reichen der Ich-Erzählerin eigentlich nur wenige Worte, um das Grauen Judenverfolgung deutlich zu machen. Sie verweist aber auch auf die mangelnde Aufarbeitung der Nazizeit durch die Garmisch-Partenkirchener.
Welche Position die Großmutter wiederum gegenüber den Nazis hatte, wird konsequenterweise nicht deutlich, denn auch die Mutter der Ich-Erzählerin weigert sich, über diese Zeit zu sprechen.
In vielen Rezensionen der Leserschaft ist die Distanz der Ich-Erzählerin zu ihren Figuren als störend empfunden worden, weil es so kein Einfühlen in die Figuren gibt. Anders gesagt: Vielen ist der Roman nicht romanhaft genug.
Es ist in der Tat kein "Pageturner", dafür aber eine ehrliche Aufarbeitung von Familienbeziehungen und von geschichtlichen Ereignissen.
Beschrieben wird das Leben der Großmutter der Ich-Erzählerin und zwar so, wie es sich für die Ich-Erzählerin dargestellt hat. Dieses Leben deutet sie so, dass die Großmutter stets "Glück gehabt" hat. Sie versteht darunter aber nicht, dass die Großmutter "glücklich" gewesen sei. Sie mutet sich offenbar bezüglich Glück und Unglück ihrer Großmutter kein Urteil zu.
Dass die Großmutter "Glück gehabt" habt, versteht sich nicht von selbst: Sie musste mit jungen Jahren das Elternhaus verlassen, um Geld als Kupfergeschirr-Reinigerin zu verdienen. Sie wird früh schwanger, wahrscheinlich infolge einer Vergewaltigung. Sie verliebt sich später in Kriegszeiten in einen Soldaten, der sich jedoch nach Kriegsende nicht mehr meldet und der, wie die Großmutter herausfindet, an einem anderen Ort eine Familie gegründet hat.
Wir erfahren dabei nichts über die Gefühle der Großmutter. Was wir erfahren, ist, dass sie sich von diesen Widrigkeiten nicht hat entmutigen lassen und durch ihre Arbeit es geschafft hat, Pächterin eines später bekannten und erfolgreichen Hotels in Garmisch zu werden.
Im Grunde ist der Roman eine Auseinandersetzung der Ich-Erzählerin mit ihrer Familie und mit dem Ort Garmisch-Partenkirchen, in dem sie aufgewachsen ist. Ihre Zuneigung bzw. Abneigungen macht sie dabei sprachlich deutlich. Von ihrer Großmutter spricht sie als "meiner Großmutter", nennt sie aber oft auch bei ihrem Vornamen "Lina". Ihre Mutter dagegen bezeichnet sie durchgehend distanziert als "Linas Tochter". Der Mann, den Lina geliebt hat und der sie verlassen hat, ist der "Zufallsgast". Ihren Vater nennt sie "Frankreich", weil er Franzose ist.
Am Interessantesten für mich war die Auseinandersetzung der Ich-Erzählerin mit der Vergangenheit von Garmisch-Partenkirchen, das sie stets als "Bindestrich" bezeichnet. Ihre Distanz beruht auf dem Verhalten der Garmisch-Partenkirchener während der Nazizeit. Die einzelnen Episoden, die die Ich-Erzählerin anführt, beruhen dabei auf historischen Fakten, die sie hauptsächlich von Alois Schwarzmüller übernommen hat, einem ortsansässigem Geschichtslehrer, der viel zu der nationalsozialistischen Vergangenheit Garmisch-Partenkirchens geforscht und sich dabei einige zu Feinden gemacht hat.
Hier reichen der Ich-Erzählerin eigentlich nur wenige Worte, um das Grauen Judenverfolgung deutlich zu machen. Sie verweist aber auch auf die mangelnde Aufarbeitung der Nazizeit durch die Garmisch-Partenkirchener.
Welche Position die Großmutter wiederum gegenüber den Nazis hatte, wird konsequenterweise nicht deutlich, denn auch die Mutter der Ich-Erzählerin weigert sich, über diese Zeit zu sprechen.
In vielen Rezensionen der Leserschaft ist die Distanz der Ich-Erzählerin zu ihren Figuren als störend empfunden worden, weil es so kein Einfühlen in die Figuren gibt. Anders gesagt: Vielen ist der Roman nicht romanhaft genug.
Es ist in der Tat kein "Pageturner", dafür aber eine ehrliche Aufarbeitung von Familienbeziehungen und von geschichtlichen Ereignissen.