Ein wirklich großes Werk

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ada2011 Avatar

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Ist mir der Protagonist Gestur sympathisch geworden? Diese Frage kann ich auch nach dem Lesen des großen Romans „60 Kilo Kinnhaken“ nicht beantworten. Ihm passieren die Ereignisse, er lässt sich ausnutzen, übers Ohr hauen. Nicht einmal habe ich ihn als Macher seines eigenen Lebens empfunden. Solche Menschen sind für mich schwer zu verstehen. Ich kann mich sogar nicht ins sie hineinversetzen.
Hallgrimur Helgason hat einen Roman geschrieben, den man nicht eben mal in 1,5 Tagen wegliest. Nicht, weil das Buch fast 700 Seiten umfasst, sondern weil es, wenn man nicht in Island beheimatet ist, sehr schwer ist, sich einzufinden, in die vielen örtlichen Namen, die vielen Personen…
Helgason schreibt sehr ausformuliert, möglicherweise langatmig. Das muss jedoch jeder Leser nach eigenem Empfinden beurteilen. Ich möchte meinen, er ist ein Künstler der Sprache, jedoch nicht für jedermann geeignet.
Die Geschichte Islands, die Beschreibung der dort wohnenden Menschen und ihre Lebensumstände werden sehr gut beschrieben. Auch wenn mir die Lebensbedingungen auf Island zwischen 1906 und 1920 zum Glück fremd sind, konnte man sich doch vorstellen, wie es vielleicht damals dort zugegangen ist. Nur sehr schwerfällig mit dem Erstarken des industriellen Heringsfangs kommen moderne Annehmlichkeiten auf die Insel, wie das Telefon oder Häuser aus Holz oder Beton und Autos.
„60 Kilo Kinnhaken“ ist der Nachfolgeband des Romans „60 Kilo Sonnenschein“. Diesen kenne ich nicht, denke aber, es würde die Zeit noch vertiefen und den 2. Band besser verstehen machen.
Der Roman „60 Kilo Kinnhaken“ ist ein Buch für alle, die sich gern viel Zeit zum Lesen nehmen und es lieben in wohl formulierte Worte und Sätze aufzugehen.