Eindeutig nicht ihr Genre
Xishi ist eine seltene Schönheit im Königreich Yue. Zwischen ihren abgearbeiteten Eltern und roher Seide lebt sie ein ärmliches Leben, bis der höchste Minister des Königs sie entdeckt. Fanli bietet ihr an, ihren Eltern Wohlstand zu schenken, wenn sie sich auf eine gefährliche Mission in das verfeindete Königreich Wu begibt und den herrschenden König verführt und manipuliert, um ihr Volk aus der grausamen Herrschaft zu befreien.
Ann Liang hat sich durch ihre drei bisher erschienen Bücher „If You could see the Sun“, „This Time it’s real“ und „I hope this doesn’t find you” in mein Herz hineingeschrieben und ist somit zu einer absoluten Wohlfühlautorin geworden. Ihre YA-Highschool-Romcoms sind pure Lesefreude mit ihren vielschichtigen, sympathischen Figuren, spannenden Handlungen und zuckersüßen Liebesgeschichten. Dabei lässt der humorvolle, frische Schreibstil einen nie im Stich.
Daher ist es eventuell verständlich, dass meine Enttäuschung über Ann Liangs erstes Fantasybuch, auf das ich mich Monate lang gefreut habe, groß ist. Denn diese Geschichte besitzt kaum etwas von dem Zauber, den ich bis dato bei der Autorin immer gefühlt habe. Meine einzige Erklärung ist die, dass es einfach nicht ihr Genre ist und sie eventuell das ebenfalls gemerkt hat, denn unter den drei weiteren angekündigten Büchern befindet sich lediglich ihr Steckenpferd-Genre o.ä.
Ich wollte dieses Buch unbedingt lieben, jedoch fällt es mir nach der Lektüre schwer, positive Worte zu finden. Daher hier die wenigen, die ich finden konnte, die jedoch gleichzeitig mit Frust verbunden sind: Zhengdan war mit Abstand die ausgearbeiteteste Figur, darum auch wesentlich interessanter und spannender, aber auch die einzig wirklich sympathische. Dabei ist sie nicht einmal eine Haupt-, sondern als beste Freundin Xishis gerade mal eine Nebenfigur, der in meinen Augen von Seiten der Autorin großes Unrecht angetan wird. Zu dem gestehe ich, dass der Roman durchaus seine Momente hat und insbesondere zum Ende unerwartete Wege beschreitet.
Letztendlich täuscht dies nicht über das viel zu viel verschenkte Potenzial und die unendlichen Schwachstellen des Buches, die ich hier gar nicht alle aufzählen kann, hinweg: So beginnt der Roman mit einer zu hohen Geschwindigkeit, sodass keine Zeit bleibt, um Figuren wie Xishis Eltern, das Dorf und die Umgebung kennenzulernen. Insbesondere die verstorbene kleine Schwester der Protagonistin wird immer wieder erwähnt, jedoch lässt ihr Schicksal kalt, da sich keine Zeit genommen wird, zum Beispiel längere, emotional involvierende Erinnerungssequenzen einzubauen, die das Leben und die Beziehung vor dem schrecklichen Tod zeigen. Wir müssen uns immer nur mit kurzen Aneinanderreihungen zufriedengeben. Aber in Wirklichkeit spielt die Familie gar keine Rolle, viel mehr zählt die Liebesgeschichte, die genauso rasant startet und genauso wenig Gefühle in mir wecken konnte. Es gibt keine Chemie zwischen den Hauptfiguren Xishi und Fanli, keinen Moment, in dem mein Herz sich gekrümmt hat vor Schmerz, weil diese verbotene, schmerzliche Liebe so bittersüß ist. Zum einen Teil ist dies dem pacing und dem fehlenden Feingefühl geschuldet, zum anderen Teil den blutleeren Charakteren, über die wir viel zu wenig erfahren – again. Wenn eine Nebenfigur interessanter, vielschichtiger ist als die Protagonisten, läuft irgendwas falsch, oder?
Diese Plumpheit zeichnet sich nicht nur in der Liebesgeschichte, sondern auch der Handlung und dem World building wieder: Bis auf das chinesisch inspirierte Setting hat man die Handlung schon dutzendfach gelesen – jedem fallen jetzt doch mindestens zwei weitere Geschichten ein mit derselben oder einer ganz ähnlichen Handlung, in der ein Mädchen einen König/Prinz töten oder manipulieren muss. Ich habe mich immer wieder an den Manga „Nina – Die Sterne sind dein Schicksal“ erinnert gefühlt – ohne der Autorin etwas unterstellen zu wollen. Dieser Manga hat nicht nur in vielen Elementen große Ähnlichkeit, sondern macht die vielen Tropes sowie Figurenentwicklung etc. auch noch wesentlich besser. (Falls euch „A Song to drown Rivers“ (was soll eigentlich dieser Titel?) ebenfalls enttäuscht zurückgelassen hat, empfehle ich euch diesen Manga.) Die Handlung ist nicht nur wenig originell, sondern zu weiten Strecken langatmig und spannungsarm, was ironisch ist, da der Einstieg gar nicht schnell genug gehen konnte.
Weiter zum World building, das genauso unausgegoren und fadenscheinig ist wie die Figuren und die Handlung, denn wir erfahren nichts, aber auch gar nichts über irgendwas. Wir wissen, es gibt drei Königreiche: Yue, Wu und Shu (oder so ähnlich). Die einen haben die anderen überfallen und so weiter und so vor. Alles bleibt unheimlich wage: die Geschichte der Länder, die Tradition und Kultur, die eigene Mythologie, Vegetation, Architektur und Kleidung, Sprache, selbst die Geografie ist kaum nachvollziehbar. Wenn es schon in einem Fantasybuch keine Magie, Fabelwesen oder Götter gibt, müsste man doch zumindest erwarten, dass das Setting durchdacht ausgearbeitet und detailliert beschrieben wird.
Aber nein, die Autorin verwendet ihren Wordcount auf überflüssige, sich wiederholende Beschreibung und Metaphern, innere Monologe oder generelle Satz- oder Wortwiederholungen. Dabei beschreitet sie einen schmalen Pfad zwischen einem poetischen und einem Schreibstil mit Hang zum Kitsch - so sehr, dass man sich manchmal fragt, ob diese oder jene Metapher überhaupt tieferen Sinn hat oder es doch nur oberflächlich schöne Worte sind.
Eine wechselnde Erzählperspektive hätte der Geschichte durchaus mehr Dimension gegeben und die Möglichkeit geweckt, die Handlung spannender und die Welt vielschichtiger zu erzählen, als auch einen tieferen Einblick in mehrere Figuren zu geben.
Zum Schluss möchte ich mich über die Übersetzung beschweren, die in meinen Augen nicht gelungen ist: Wörter wie „ultimativ“, „Riversong Cottage“ und „Killer“ störten die Immersion beim Lesen ungemein, da sie völlig unpassend zum Setting sind. Warum findet man keine Synonyme oder übersetzt englische Begriffe, die keinen Sinn in einem chinesisch inspirierten Setting ergeben.
Nun gut, es ist ziemlich offensichtlich, dass meine Lesezeit mit „A Song to drown Rivers“ durchzogen von Frust und Enttäuschung ist. Meiner Meinung nach haben wir dieses Buch nicht gebraucht, so hart das klingt. Es gibt genügend bessere Alternativen, in die die eigene kostbare Zeit besser investiert wäre.
Nichtsdestotrotz kann ich mir vorstellen, dass vor allem jüngere Leser:innen Spaß mit diesem Buch haben könnten. Und natürlich werde ich trotzdem jedes weitere Buch von Ann Liang lesen.
Ann Liang hat sich durch ihre drei bisher erschienen Bücher „If You could see the Sun“, „This Time it’s real“ und „I hope this doesn’t find you” in mein Herz hineingeschrieben und ist somit zu einer absoluten Wohlfühlautorin geworden. Ihre YA-Highschool-Romcoms sind pure Lesefreude mit ihren vielschichtigen, sympathischen Figuren, spannenden Handlungen und zuckersüßen Liebesgeschichten. Dabei lässt der humorvolle, frische Schreibstil einen nie im Stich.
Daher ist es eventuell verständlich, dass meine Enttäuschung über Ann Liangs erstes Fantasybuch, auf das ich mich Monate lang gefreut habe, groß ist. Denn diese Geschichte besitzt kaum etwas von dem Zauber, den ich bis dato bei der Autorin immer gefühlt habe. Meine einzige Erklärung ist die, dass es einfach nicht ihr Genre ist und sie eventuell das ebenfalls gemerkt hat, denn unter den drei weiteren angekündigten Büchern befindet sich lediglich ihr Steckenpferd-Genre o.ä.
Ich wollte dieses Buch unbedingt lieben, jedoch fällt es mir nach der Lektüre schwer, positive Worte zu finden. Daher hier die wenigen, die ich finden konnte, die jedoch gleichzeitig mit Frust verbunden sind: Zhengdan war mit Abstand die ausgearbeiteteste Figur, darum auch wesentlich interessanter und spannender, aber auch die einzig wirklich sympathische. Dabei ist sie nicht einmal eine Haupt-, sondern als beste Freundin Xishis gerade mal eine Nebenfigur, der in meinen Augen von Seiten der Autorin großes Unrecht angetan wird. Zu dem gestehe ich, dass der Roman durchaus seine Momente hat und insbesondere zum Ende unerwartete Wege beschreitet.
Letztendlich täuscht dies nicht über das viel zu viel verschenkte Potenzial und die unendlichen Schwachstellen des Buches, die ich hier gar nicht alle aufzählen kann, hinweg: So beginnt der Roman mit einer zu hohen Geschwindigkeit, sodass keine Zeit bleibt, um Figuren wie Xishis Eltern, das Dorf und die Umgebung kennenzulernen. Insbesondere die verstorbene kleine Schwester der Protagonistin wird immer wieder erwähnt, jedoch lässt ihr Schicksal kalt, da sich keine Zeit genommen wird, zum Beispiel längere, emotional involvierende Erinnerungssequenzen einzubauen, die das Leben und die Beziehung vor dem schrecklichen Tod zeigen. Wir müssen uns immer nur mit kurzen Aneinanderreihungen zufriedengeben. Aber in Wirklichkeit spielt die Familie gar keine Rolle, viel mehr zählt die Liebesgeschichte, die genauso rasant startet und genauso wenig Gefühle in mir wecken konnte. Es gibt keine Chemie zwischen den Hauptfiguren Xishi und Fanli, keinen Moment, in dem mein Herz sich gekrümmt hat vor Schmerz, weil diese verbotene, schmerzliche Liebe so bittersüß ist. Zum einen Teil ist dies dem pacing und dem fehlenden Feingefühl geschuldet, zum anderen Teil den blutleeren Charakteren, über die wir viel zu wenig erfahren – again. Wenn eine Nebenfigur interessanter, vielschichtiger ist als die Protagonisten, läuft irgendwas falsch, oder?
Diese Plumpheit zeichnet sich nicht nur in der Liebesgeschichte, sondern auch der Handlung und dem World building wieder: Bis auf das chinesisch inspirierte Setting hat man die Handlung schon dutzendfach gelesen – jedem fallen jetzt doch mindestens zwei weitere Geschichten ein mit derselben oder einer ganz ähnlichen Handlung, in der ein Mädchen einen König/Prinz töten oder manipulieren muss. Ich habe mich immer wieder an den Manga „Nina – Die Sterne sind dein Schicksal“ erinnert gefühlt – ohne der Autorin etwas unterstellen zu wollen. Dieser Manga hat nicht nur in vielen Elementen große Ähnlichkeit, sondern macht die vielen Tropes sowie Figurenentwicklung etc. auch noch wesentlich besser. (Falls euch „A Song to drown Rivers“ (was soll eigentlich dieser Titel?) ebenfalls enttäuscht zurückgelassen hat, empfehle ich euch diesen Manga.) Die Handlung ist nicht nur wenig originell, sondern zu weiten Strecken langatmig und spannungsarm, was ironisch ist, da der Einstieg gar nicht schnell genug gehen konnte.
Weiter zum World building, das genauso unausgegoren und fadenscheinig ist wie die Figuren und die Handlung, denn wir erfahren nichts, aber auch gar nichts über irgendwas. Wir wissen, es gibt drei Königreiche: Yue, Wu und Shu (oder so ähnlich). Die einen haben die anderen überfallen und so weiter und so vor. Alles bleibt unheimlich wage: die Geschichte der Länder, die Tradition und Kultur, die eigene Mythologie, Vegetation, Architektur und Kleidung, Sprache, selbst die Geografie ist kaum nachvollziehbar. Wenn es schon in einem Fantasybuch keine Magie, Fabelwesen oder Götter gibt, müsste man doch zumindest erwarten, dass das Setting durchdacht ausgearbeitet und detailliert beschrieben wird.
Aber nein, die Autorin verwendet ihren Wordcount auf überflüssige, sich wiederholende Beschreibung und Metaphern, innere Monologe oder generelle Satz- oder Wortwiederholungen. Dabei beschreitet sie einen schmalen Pfad zwischen einem poetischen und einem Schreibstil mit Hang zum Kitsch - so sehr, dass man sich manchmal fragt, ob diese oder jene Metapher überhaupt tieferen Sinn hat oder es doch nur oberflächlich schöne Worte sind.
Eine wechselnde Erzählperspektive hätte der Geschichte durchaus mehr Dimension gegeben und die Möglichkeit geweckt, die Handlung spannender und die Welt vielschichtiger zu erzählen, als auch einen tieferen Einblick in mehrere Figuren zu geben.
Zum Schluss möchte ich mich über die Übersetzung beschweren, die in meinen Augen nicht gelungen ist: Wörter wie „ultimativ“, „Riversong Cottage“ und „Killer“ störten die Immersion beim Lesen ungemein, da sie völlig unpassend zum Setting sind. Warum findet man keine Synonyme oder übersetzt englische Begriffe, die keinen Sinn in einem chinesisch inspirierten Setting ergeben.
Nun gut, es ist ziemlich offensichtlich, dass meine Lesezeit mit „A Song to drown Rivers“ durchzogen von Frust und Enttäuschung ist. Meiner Meinung nach haben wir dieses Buch nicht gebraucht, so hart das klingt. Es gibt genügend bessere Alternativen, in die die eigene kostbare Zeit besser investiert wäre.
Nichtsdestotrotz kann ich mir vorstellen, dass vor allem jüngere Leser:innen Spaß mit diesem Buch haben könnten. Und natürlich werde ich trotzdem jedes weitere Buch von Ann Liang lesen.