Verbrecherjagd statt dolce far niente in Ligurien

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Von

„Im Leben war nichts mehr zu ändern.“ (S. 245)

Kurze Inhaltszusammenfassung
Der römische Kommissar Vittorio Grassi, noch von der älteren Garde der Polizei, verlässt kurzfristig aus einem Bauchgefühl heraus seine Heimat und seine Familie, um das Erbe seines kürzlich verstorbenen Vaters zu beziehen, ein selbstgebautes Häuschen inmitten eines Olivenhains an der ligurischen Küste. Dort treten nicht nur mehrere interessante Frauen in sein Leben wie seine jüngere Kollegin Marta oder die ehemalige Gärtnerin und Mitbewohnerin seines Vaters, Toni, sondern Grassi bekommt direkt die Gelegenheit, sich als Ermittler zu profilieren: in kurzem zeitlichen Abstand werden zwei Leichen gefunden, die verzwicktere Hintergründe offenbaren als zunächst gedacht …

Fazit
Mithilfe des wunderschönen Covers hat man die Gegend um Cinque Terre direkt bildlich vor Augen. In diese Kulisse passen wunderbar die sehr unterschiedlichen, aber umwerfend charismatischen Figuren: Vittorio Grassi, ein eigensinniger aber sympathischer Polizist in einer leichten Midlife-Crisis und Inbegriff des Mottos „harte Schale, weicher Kern“; seine Mitbewohnerin Toni, die undurchschaubare ehemalige Gärtnerin seines Vaters mit einer bewegten Vergangenheit; seine neue selbstbewusste Kollegin Marta, die Grassi gerne auch mal die Stirn bietet und der pfeifende Rechtsmediziner Penza, um nur einige zu nennen. Neben den eindrücklichen Charakteren und dem lockeren und humorvollen, stellenweise aber auch reflektierten Schreibstil macht das Buch sehr viel Spaß zum Lesen auch durch den spannenden Fall, den es für die Ermittler zu lösen gilt. Dieser ist interessant, sehr detailliert, lädt zum miträtseln ein und enthält bis zum Schluss die ein oder andere unerwartete Wendung. Ein wichtiges Thema, sowohl für den Fall als auch für Grassi selbst, sind unausgesprochene Dinge und Missverständnisse zwischen geliebten Menschen. Die Reflexion darüber gibt dem Buch über den Krimi an sich hinaus noch eine weitere tiefgründigere Ebene. Was mir auch noch sehr gut gefallen hat, waren die eingestreuten nützlichen Hintergrundinformationen, wie z.B. zur Aufteilung der Zuständigkeiten innerhalb der italienischen Polizei oder zu wichtigen geschichtlichen Ereignissen wie der Entführung von Aldo Moro oder der Ermordung des berühmten Anti-Mafia-Richters Giovanni Falcone. Dieses Wissen holt auch die Nicht-Italien-Experten unter den Leser/innen ab und schafft ein besseres Verständnis für den Gesamtzusammenhang. Das Beste: der Schluss ist so offen und verheißungsvoll formuliert, dass Grassi in weiteren Fällen ermitteln wird – was das Nachwort des Autors bestätigt!

Empfehlung
Abschied auf Italienisch kann ich jedem empfehlen, der umringt von authentischen und herrlich italienischen Charakteren und vor der atemberaubenden Kulisse der ligurischen Küste einen spannenden Fall lösen möchte, der im Laufe noch weit mehr eröffnet als zwei Morde.