Ada

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leukam Avatar

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Christian Berkel hat mit „ Ada“ eine Fortsetzung seines Bestsellers „ Der Apfelbaum“ geschrieben.( Das Buch lässt sich aber ohne Kenntnis des Vorgängerromans lesen.). Auch hier bedient er sich seiner komplizierten Familiengeschichte. Im „ Apfelbaum“ stand die Großeltern- und Elterngeneration im Zentrum; dieses Mal geht es um die Tochter. Allerdings ist hier die Protagonistin eine fiktive Figur.
Ada, die kurz nach Kriegsende mit ihrer jüdischen Mutter Sala nach Argentinien emigriert ist, kehrt 1954 als Neunjährige nach Deutschland zurück. Alles wirkt fremd und kalt auf das Mädchen, die deutsche Sprache kann sie kaum. Doch Ada hofft, endlich eine richtige Familie zu haben. Als die Mutter ihr nacheinander zwei Männer vorstellt mit der Frage, welchen sie lieber als Vater möchte, entscheidet sich Ada für Otto, der ihr ein Fahrrad geschenkt hat. Doch zeitlebens wird sie sich fragen, ob ihre Entscheidung richtig war und wer wirklich ihr Vater ist. Sala und Otto heiraten. Otto arbeitet zunächst als Arzt in einer Klinik, bevor er sich mit einer eigenen Praxis selbständig macht. Ein kleiner Bruder kommt, Sputnik, der Liebling der Eltern.
Ada ist ein verschlossenes Kind; Freunde findet sie nur schwer. Antworten auf ihre Fragen bekommt sie nicht.
Es sind die Jahre des Wirtschaftswunders. Die Deutschen arbeiten an ihrer Zukunft, von der Vergangenheit möchten sie nichts hören. Überall herrscht das große Schweigen. „ ...selbst Eheleute schwiegen über das, was sie im Krieg erlebt hatten.“
Ada erfährt von anderen, dass ihre Mutter Jüdin ist ( und somit sie auch selbst), dass Sala im KZ interniert war.
Sexualität ist ebenfalls ein Tabuthema, über das nicht geredet wird. Ada macht deshalb völlig unaufgeklärt erste sexuelle Erfahrungen, die nicht ohne Folgen bleiben.
Als Jugendliche beginnt sie zu rebellieren. Sie sehnt sich nach Freiheit, will weg von den Eltern. Sie zieht in eine Wohngemeinschaft, besucht Rock- Konzerte, probiert Drogen. Sie ist dabei, als gegen den Schah von Persien demonstriert wird, als Benno Ohnesorg erschossen wird. Sogar das legendäre Woodstock- Konzert erlebt sie mit. Ihre Erfahrungen sind typisch für viele der 68- Generation.
Adas Geschichte bekommen wir im Rückblick geschildert. Sie ist mittlerweile Mitte Vierzig und sucht Hilfe beim Psychotherapeuten. Ihm erzählt sie ihre
„ ganze verdammte Lebensgeschichte“.
Christian Berkel konzentriert sich dabei auf die Zeit der 50er und 60er Jahre; danach bleibt eine Leerstelle. Vielleicht erfahren wir im geplanten dritten Teil mehr darüber.
„ Ada“ ist der Roman einer Generation: Aufgewachsen nach dem Krieg, in einer Zeit des Verdrängens und Verschweigens. Dagegen lehnen sich die Jugendlichen auf; sie wollen endlich Antworten auf ihre Fragen.
Christian Berkel schreibt schnörkellos und klar. Sehr gut kann er sich einfühlen in die Gefühlswelt eines Mädchens, einer jungen Frau, die auf der Suche ist nach ihrer eigenen Identität und ihrem Platz in der Welt.
„Ada“ ist ein Buch, das ich gerne gelesen habe und ich bin schon gespannt auf den letzten Teil dieser Familien- und Zeitgeschichte.