Ada

Interessante Zeit- und Familien-Geschichte mit Schwächen

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Der Schauspieler Christian Berkel hat mit „Ada“ die lang ersehnte Fortsetzung von „Der Apfelbaum“ geschrieben. In beiden Büchern setzt er sich mit der Lebensgeschichte seiner Eltern auseinander, wobei autobiographische mit fiktiven Elementen vermischt werden.

„Ada“ ist aus der Sicht seiner (fiktiven) Schwester geschrieben, wobei es ihm hier gut gelingt, als Mann die Perspektive einer weiblichen Ich-Erzählerin einzunehmen.

Die Rahmenhandlung für die Geschichte stellt die Psychotherapie dar, die Ada am Anfang der 90er-Jahre beginnt, um ihre Probleme aufzuarbeiten. Durch Rückblenden wird in drei Teilen – Erinnern, Wiederholen, Durcharbeiten -dargestellt, welche Ereignisse in Adas Leben zu dem jetzigen Zustand geführt haben.

1945 geboren, wandert Ada nach Kriegsende mit ihrer Mutter nach Argentinien aus, wo sie die ersten neun Jahre ihres Lebens verbringt. Nach der Rückkehr nach Deutschland und dem Wiederfinden ihres Vaters fasst sie jedoch nie richtig Fuß in dem für sie fremden Land und gerät mehr und mehr in eine Abwärtsspirale. So hat sie Schwierigkeiten mit der Schule, findet keine Freunde (zur einzigen Freundin, die sie hat, verliert sie den Kontakt), hat Probleme mit Jungs, fängt an, Drogen zu konsumieren und verlässt letztendlich ohne Beruf das Land, kehrt aber später wieder nach Deutschland zurück.

Christian Berkel greift viele Themen und Probleme dieser Generation auf – die Verdrängungskultur, die Sprachlosigkeit und das Fehlen von Halt und elterlicher Nähe – und nimmt den Leser mit zu einigen großen Ereignissen der Nachkriegsgeschichte (Mauerbau, Mauerfall, Studentenrevolte). Er schreibt dabei in einer nüchternen, aber trotzdem bildreichen Sprache, die das Lesen zu einer Freude macht und den Lesefluss aufrechterhält.

Trotzdem hat mich der Roman nicht vollkommen überzeugt. So gibt es immer wieder Zeitsprünge und oft war mir der Zeitbezug nicht klar. Man kann sich zwar an den historischen Ereignissen orientieren, dies war mir jedoch etwas zu verschwommen. Nach einem starken ersten Teil mit sehr ausführlicher und detaillierter Darstellung der Charaktere fand ich, dass die Spannung im letzten Drittel rapide abgenommen hat. Ich hatte irgendwie das Gefühl, dass die Geschichte schnell beendet werden musste und somit auch eigentlich wichtige Ereignisse in Adas Leben nur noch oberflächlich abgehandelt wurden, so dass mir das Ende des Buches etwas wirr und durcheinander vorkam.

Hätte ich den „Apfelbaum“ nicht gelesen, dann hätte ich sicher Schwierigkeiten mit dem Verstehen der Geschichte gehabt, denn gerade die Charakterzüge und die Erfahrungen von Sala und Otto sind, wie ich finde, von größerer Bedeutung für das Verstehen ihres Verhaltens. Wie auch beim vorherigen Roman hat mir bei „Ada“ ein bisschen der rote Faden gefehlt.

Alles in allem ein interessanter zeitgeschichtlicher Roman.