Ada

Unter dem Teppich

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wilde hummel 1 Avatar

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Die Geschichte ist angelegt wie ein Suchbild. Christian Berkel erzählt in mehreren Episoden die Suche nach Identität und Wahrheit. Ada, geboren zu Kriegsende, verbringt ihre ersten 9 Jahre in Argentinien und kehrt mit der Mutter 1954 zurück nach Deutschland. Hier muss sie erst die Sprache erlernen und fühlt sich erneut fremd unter Fremden. Da die Mutter und der vermeintliche oder wirkliche Vater nichts aus ihrer Vergangenheit erzählen, bleibt die Gegenwart für sie irgendwie ohne Wurzeln und Erklärungen. Das große Schweigen der Deutschen nach dem verlorenen Krieg ist als Verdrängung, als nationale und persönliche Traumatisierung zu verstehen. Die Reaktion der Nachgeborenen auf diese Ignoranz führt zu Misstrauen und Generalverdacht. Und so versucht Ada in Therapie Licht in die Vergangenheit zu bringen, Erklärungen und Antworten zu finden. Der Roman springt in den Zeitfenstern, das wirkt manchmal irritierend und bruchstückhaft wie eben auch Adas Wahrheitssuche. Damit im Roman die historischen Meilensteine gehoben werden können, ist Ada in vielen Aktionen dabei, wie die Demonstrationen der 68iger (der Schahbesuch und Tod Benno Ohnesorge), die Studentenproteste in Paris, der Mauerfall und ja, sie war auch in Woodstock. Das waren mir persönlich zu viele Streifzüge für eine Person. Dennoch ist das Buch lesenswert, weil die Sprache unpathetisch bleibt. Wenn alle Wahrheiten aus der Nazizeit, die unter den Teppich des Vergessens gefegt wurden, auf einmal herausgekehrt würden, dann wäre diese Schmutz-und Staubwolke unerträglich und so ist die Adas Suche nach der eigenen Identität auch kein knallhartes Einfordern von Antworten, sondern eher ein Zupfen und Lupfen am Teppich.