Auf der Suche nach dem gelobten Land

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Lavie Tidhars Thriller „Adama“ ist mehr als ein bloßer Kriminalfall, ein Mord, der aufgeklärt wird, ein Ermittler, Zeugen. Es geht um viel mehr, ein breites Panoptikum an Figuren, Handlungsorten und Zeitebenen, eine hochkomplexe Story, verschachtelt, verwoben, ein Vorfall oder auch eine Tat bedingt die nächste.
Ruth steht im Zentrum, wir erleben sie als junge Frau, engagiert, voller Eifer und Leidenschaft, bereit auf die persönliche Verwirklichung im Dienste des Gemeinwohls zu verzichten, ungarische Jüdin, die ihre Heimat und ihre Familie im KZ in Auschwitz verloren hat und für die Zukunft kämpft. Wir erleben sie in ihren unterschiedlichen Lebensstationen und immer ist sie die Kämpferin, die unerbittliche Rächerin, auf der Suche nach der scheinbaren Wahrheit und Gerechtigkeit. Sie ist Tochter, Schwester, Mutter, Großmutter, Tante, Geliebte und vieles mehr, ist Mittelpunkt im Kibbutz, bei ihren laufen die Fäden zusammen.
Die anderen Figuren bilden die Übergänge zu den zeitlichen Sprüngen, sind wie die Sterne, die ein Eigenleben führen und trotzdem immer um die Erde kreisen. Neben diesen Einzelschicksalen wird die Geschichte Israels aufgerollt, von der Gründung des Staates über die diversen Schwierigkeiten, Kriege, politische und gesellschaftliche Herausforderungen bis zur Gegenwart, die die Figuren zu meistern haben. Nähe und Distanz, Rache und Vergebung, Aufgehen im Leben des Kibbuz und Flucht und Neuanfang. Für die Nachgeborenen sind die Schachzüge und das Schweigen der Alten häufig unverständlich und nur einzelne Gegenstände oder Briefe der Vergangenheit können einen Lichtschimmer in das Dunkel bringen.
Rasant, packend, häufig auch brutal und schonungslos erzählt Tidhar von den Freundschafts- und Verwandtschaftsverhältnissen, von der Gier und Suche nach Geld, Macht, Liebe, Freiheit oder auch Gerechtigkeit. Der Überlebenswille ist vorhanden, die Sehnsucht nach Zugehörigkeit, Glück und einer neuen Heimat ständig präsent, die Figuren scheitern, geben aber nicht auf und verändern die Zukunft. Und wir fühlen und leiden mit ihnen, wenn sie sterben, verschwinden oder sich auflösen.