Kompromisslose Literatur

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nicky.hamo Avatar

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Adama ist kein klassischer Thriller, vielmehr ein vielschichtiger Politroman, der sich wie ein Mosaik aus Geschichte, Fiktion und Familienbiografie zusammensetzt. Lavie Tidhar erzählt die Geschichte von Ruth, einer jungen ungarischen Zionistin, die 1946 nach Palästina kommt, um sich ein neues Leben aufzubauen. Sie wird zur Mitbegründerin des Kibbuz Trashim, den sie als „Adama“ (heilige Erde) begreift. Für Ruth ist der Kibbuz nicht nur ein Ort, sondern eine Lebensaufgabe, für die sie bereit ist, alles zu opfern, auch ihre Unschuld.

Die Handlung erstreckt sich über mehr als sechs Jahrzehnte, von 1946 bis 2009, und wird dabei rückwärts erzählt, ein ungewöhnlicher, aber wirkungsvoller Kniff, der die Spannung hochhält und den Leser zwingt, sich aktiv mit den Figuren und ihren Entscheidungen auseinanderzusetzen. Im Zentrum steht Ruths Familie, deren Schicksal eng mit den politischen und gesellschaftlichen Umbrüchen Israels verwoben ist: von der britischen Mandatszeit über die Staatsgründung, den Sechs-Tage-Krieg bis hin zum Jom-Kippur-Krieg. Jede Generation erlebt Gewalt, als Opfer und als Täter, und trägt die Narben weiter.

Tidhar beschönigt nichts. Sein Stil ist klar, präzise, fast dokumentarisch. Er erzählt nicht alles, vieles bleibt unausgesprochen, zwischen den Zeilen. Gerade das macht den Roman so eindringlich. Als Leser ist man gefordert, die Lücken zu füllen, die Motive zu deuten, die Widersprüche auszuhalten. Adama ist kein einfacher Roman, aber ein lohnender. Er ist politisch, unbequem, tiefgründig und erzählt zugleich die Geschichte einer Frau, die sich selbst und ihre Ideale nie aufgibt.

Ein beeindruckendes literarisches Werk, das lange nachhallt.