Schonungslos hart

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Der Einstieg in „Adama“ beginnt am Ende der Geschichte (2009) mit einem Knall und vielen Fragezeichen. Von da an wird der Leser zu einer Reise in die Vergangenheit eingeladen, die 1945 beginnt. Im Zentrum stehen dabei der Kibbuz Trashim, Ruth und ihre Familie.

In dem Zeitraum von 1945- 2009 begleitet der Leser die verschiedenen Charaktere ein Stück weit. Die Geschichte wird dabei aus den unterschiedlichen Perspektiven erzählt, sodass der Leser über etwas mehr als sechs Jahrzehnte ein Bild der Umstände, einzelner Schicksale und den Konsequenzen früherer Entscheidungen und politischer Konflikte für weitere Familienmitglieder bekommt.

Der Tod und die damit aufgeworfenen Fragen sind nicht nur Ausgangspunkt der Geschichte, sondern ziehen sich durch das gesamte Buch. Mit jedem neuen Kapitel werden weitere Fragen aufgeworfen und alte Fragen geklärt. Nach und nach setzt sich so die Geschichte zusammen, bis der Leser wieder im Jahr 2009 landet. Doch am Ende blieben offene Fragen, sodass ich nicht alle Handlungen nachvollziehen konnte. Offen blieb für mich zum Teil, wer mit wem kooperierte, wer auf welcher Seite stand und wer auf wessen Befehle agierte.

Doch auch kleinperspektivisch betrachtet, gab es für mich insgesamt immer wieder Momente, in denen ich die Entscheidungen der jeweiligen Charaktere nicht verstanden hab. Dies betrifft nicht nur die Handlungen, sondern auch die Dialoge zwischen den Charakteren. An einigen Stellen hätte ich mir etwas mehr Einblick und Nähe gewünscht, sodass die Beweggründe der einzelnen Charaktere offensichtlicher sind.

Dieser Wunsch gründet auch darauf, dass die Charaktere hart, kühl und distanziert sind. Kurz gesagt: Sie sind von den Umständen über Generationen hinweg gezeichnet. Diese Distanz ist zwischen allen Charakteren spürbar. Als Leser bekommt man schnell das Gefühl, dass äußere Umstände und Ziele für jeden einzelnen wichtiger sind als die einzelnen Individuen und die Familie. An einigen Stellen sind zwar tiefergehende Gefühle erkennbar, dennoch konnte ich zu den Charakteren keine Nähe aufbauen. In der Folge war es mir nicht möglich, emotional auf deren Schicksale zu reagieren. Einfluss darauf hatte zudem die Tatsache, dass man als Leser die Charaktere immer nur ein Stück weit begleitet, aber niemanden stetig.

Obwohl die einzelnen Schicksale mich nicht so mitgenommen haben, wie man das eigentlich erwartet, hat die Gesichte mich aufgerüttelt. Denn die Schicksale der einzelnen Personen ergeben insgesamt eine Erzählung von Schmerz und Verlusten, aber auch von Stärke und Hoffnung. Sie sind eingebettet in einen historischen Kontext und die damit einhergehenden politischen Konflikte – die Gründungsgeschichte Israels. Wobei an dieser Stelle festgehalten werden muss, dass es sich mehr um Andeutungen der historischen Hintergründe als um Auserzählungen handelt. Um das ganze Ausmaß zu verstehen, ist Vorwissen oder Recherche nötig.

Fazit:
Adama erzählt von Schmerz, Hoffnungslosigkeit und Verlusten. Aber auch von Hoffnung und Stärke. Allen voran von Ruths Hoffnung und ihrem unerschütterlichen Glauben an Adama. Doch nicht nur Ruth steht im Fokus der Geschichte. Vielmehr werden Ruth und ihre Familie über viele Genrationen hinweg begleitet, sodass die Auswirkungen der äußeren Umstände im Moment aber auch zukunftsperspektivisch spürbar werden.
Trotz des hohen Gewaltpotentials würde ich diesen Roman eher nicht dem Genre „Thriller“ zuordnen. Es handelt sich vielmehr um einen generationenübergreifenden Familienroman, der in einen historischen und politischen Kontext eingebettet ist. Es ist ein anspruchsvoller Roman mit einem gewissen Lernpotential – für alle Leser, die sich nicht scheuen Hintergründe noch etwas ausführlicher zu recherchieren oder bereits das nötige Vorwissen haben.