Bewegende Familiengeschichte

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mammutkeks Avatar

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Mit „Aenne und ihre Brüder“ ist Reinhold Beckmann ein bewegendes Portrait seiner Mutter und deren vier Brüder gelungen. Die Hauptinformationen basieren auf den Feldpostbriefen der Brüder, die allesamt im zweiten Weltkrieg „gefallen“ sind. Auszüge aus diesen Briefen werden chronologisch in die Erzählung eingearbeitet – wobei mich auch interessiert hätte, was Beckmann weggelassen hat. Da es sich um private Briefe handelt, werden sie ja höchstwahrscheinlich nicht der Forschung zur Verfügung stehen.
Eine weitere Informationsquelle für Beckmann sind die vielen Gespräche, die er mit seiner Mutter über ihre Vergangenheit geführt hat. Und doch bleibt Aenne für mich eine etwas farblose Person, die sich – zumindest in der Schilderung ihres Sohnes – stark über die Brüder definiert.
Stilistisch ist Beckmann meines Erachtens kein großer Wurf gelungen. Einen Brief seines Onkels beschreibt er als stakkatohaftig – und genauso kommt mir auch sein Stil vor. Kaum einmal werden Nebensätze und schon gar kein verschachtelter Satzbau genutzt. Beim Lesen fühlte ich mich wie in einer Terra-X-Folge – relativ leichte Sprache mit klaren Hauptsatzstrukturen.
Was ich mich frage, ist, ob ein solches Buch von einem „Max Mustermann“ verfasst, auch dieses Echo finden würde. Nichts gegen berühmte Menschen, die andere Wege beschreiten und sich, wie in Beckmanns Fall, mit einer wichtigen Familiengeschichte schreibend auseinandersetzen, aber die Frage bleibt schon, inwieweit es einen Promibonus gibt. Auf jeden Fall in Sachen Talkshows, aber diese werden ja auch genutzt, um allgemein über dieses – leider wieder aktuelle – Thema zu sprechen.
Was ich faszinierend finde, ist die Tatsache, dass die Feldpostbriefe so lange überdauert haben. Von meinen – ebenfalls im zweiten Weltkrieg gefallenen – Onkeln sind keinerlei Briefe erhalten. Aber auch sie waren jahrelang ein Thema.
Die Gestaltung des Buches spricht für sich: es gibt viele Fotos im Textteil und einen eigenen Fototeil in der Mitte. Auch der Schutzumschlag, die – ziemlich kurze – Literaturliste und der Abdruck des Songs von Beckmann für seine vier Onkel sprechen für das Buch. Insgesamt wegen der sprachlichen Einfachheit nur 4 von 5 Sternen – aber eine Leseempfehlung von mir.