Faszinierender Blick in eine düstere Vergangenheit

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daniel d Avatar

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Reinhold Beckmann hat von seiner Mutter die Feldpostbriefe ihrer vier Brüder bekommen, die alle im 2. Weltkrieg gefallen sind. Anhand dieser Briefe rekonstruiert er die Wege, die seine Onkel als Soldaten gegangen sind. Er beginnt die Geschichte aber nicht erst im Krieg, sondern weit vorher mit der Geburt seiner Mutter im Jahr 1921. Anschaulich schildert er das harte, entbehrungsreiche Leben in einem kleinen Dorf im Teutoburger Wald in der Nähe von Osnabrück. Der frühe Tod der Eltern seiner Mutter wird letztlich auf die aus dem Schützengraben des 1. Weltkriegs eingeschleppte Tuberkulose zurückgeführt. Die Stiefmutter, eine harte, verschlossene Frau, zeigt wenig Sympathie für Aenne und ihre Brüder. Der aufkommende Nationalsozialismus hat zunächst wenig Auswirkungen auf das tägliche Leben. Beckmann beschreibt anhand der Erinnerungen seiner Mutter sehr nachvollziehbar, wie sich das - angefangen im Schulunterricht - ändert.

Dann beginnt der Krieg, und Aennes Brüder kommen nach und nach an die Front. Weil ihre Briefe an Aenne wegen der Zensur nicht allzu konkret werden durften, ergänzt Beckmann die Schilderungen seiner Onkel durch die jeweiligen Divisionsberichte, anhand derer sich die Wege und das Kampfgeschehen gut nachvollziehen lassen. Beckmann geht immer auch auf die Grausamkeiten der SS und nach seiner Darstellung auch der Wehrmacht gegenüber der Zivilbevölkerung ein. Gleichzeitig beschreibt er die Rolle der - insbesondere katholischen - Kirche im Nationalsozialismus. Hier wäre, bei aller berechtigten Kritik, vielleicht etwas mehr Differenzierung gut gewesen.

Einziger Kritikpunkt: Die etwas plakative Sprache und die Mutmaßungen, die Beckmann darüber anstellt, was seine Onkel in der jeweiligen Situation wohl gedacht haben mögen. Das fällt aber für den Gesamteindruck nicht ins Gewicht. Im Gegenteil gibt das Buch einen durch die Briefe und die zahlreichen Fotos authentischen Einblick in eine düstere Zeit und die Sinnlosigkeit des Krieges. Beckmann hat sicher den richtigen Zeitpunkt gewählt, uns allen das wieder in Erinnerung zu rufen.