Was für eine tragische Familienschichte

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madame klappentext Avatar

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Inhalt: Aenne wird in den 1920er Jahren geboren und muss schon als Kind einige Schicksalsschläge, wie beispielsweise den Tod der Mutter im Wochenbett verkraften. Eines wird aber ihr gesamtes prägen: Der Tod der vier Brüder im Zweiten Weltkrieg. Eine Familiengeschichte, die durch das Erzählen und Erinnern von Aenne immer in gegenwärtig bleibt und auch in den folgenden Generationen einen Platz findet.

Leseeindruck: Bücher über die Zeit des Zweiten Weltkrieges gibt es viele, genauso wie Erfahrungsberichte aus dieser Zeit, eine Menge davon habe ich auch schon gelesen und doch ist mir Aenne und ihre Brüder besonders in Erinnerung geblieben und ans Herz gegangen. Reinhold Beckmann erzählt die Geschichte seiner Familie und ganz besonders die seiner Mutter Aenne auf berührende Art und Weise. Nicht, weil er in besonderem Maß auf Emotionen oder Sensationen setzt, sondern eben genau das Gegenteil macht. Er erzählt in einem sehr sachlichen dokumentarischem Stil vom Leben seiner Mutter und seiner Onkel. Niemand ist besonders, keiner hält sich für etwas besseres, alle wünschen sich ein ganz normales Familienleben. Solche Familiengeschichten hat es tausendfach gegeben und genau das hat mich so ergriffen. Man erfährt vom Leben einer bescheidenen Schumacherfamilie, die gerade die Schrecken des Ersten Weltkrieges hinter sich lassen konnte und deren unbeschwertes Leben nicht lange anhalten sollte. Es lässt einen auch Jahrzehnte nach den Kriegsende fassungslos zurück wie einfache Menschen zum Spielball der Politik und Weltgeschichte werden. Wie machtlos jeder einzelne ist und wie schnell man sich doch an neues anpasst und fügt - um zu überleben.

All das erfährt man zum einen aus den Feldpostbriefen, die Aenne ihr ganzes Leben aufbewahrt hat und auch aus Ihren Erinnerungen, an denen Sie uns Leser durch Ihren Sohn Reinhold Beckmann teilhaben lässt. Diese Authenzität kommt mit jedem Satz rüber und macht das Gelesene noch bedrückender. All das ist Menschen wirklich geschehen. Keine Romanhandlung, keine fiktiven Charaktere, keine unnahbaren Menschen aus der Elite, keine Übertreibungen für einen spannenderen Plot. Nein, hier wird das Leben der einfachen Leute beschrieben. Manches hätte sich ein Romanautor nicht dramatischer ausdenken können.

Auf einer zweiten Ebene neben der Rekonstruktion der Lebenswege von Aenne und ihren Brüdern werden immer wieder Absätze zum aktuellen politischen und gesellschaftlichen Leben eingeflochten. Somit kann man immer gut einschätzen, an welchem Punkt der Weltgeschichte man sich gerade befindet und welchen Einfluss dieses Geschehen auf die Familienmitglieder hat. Wie die Sorgen wachsen und wie jeder, egal ob an der Front oder zu Hause versucht sein Leben zu leben und noch in der schlimmsten Situation versucht Freude oder zumindest Trost zu finden.

Fazit: Die Handlung dieses Buches ist zum größten Teil über 70 Jahre her und könnte doch aktueller nicht sein. Man erfährt am Schicksal einer Familie was die große Weltpolitik für Auswirkungen auf das eigene Leben haben kann und wie sich eine Gesellschaft verändert, in der Depoten an die Macht kommen und Krieg zum Alltag der Menschen wird. Eine sachliche Darstellung der Erergnisse, die gerade deshalb so berührt, weil sie normale Menschen in den Mittelpunkt stellt.