Wieviel Kraft hat es gekostet, dieses Buch zu schreiben

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Das Cover zeigt Aenne als hübsche und junge Frau, die auf ein hoffnungsvolles Leben blicken sollte, aber alle Schrecken des Zweiten Weltkrieges erleben mußte. Mit einem emotionalen und anrührenden Rückblick schreibt Reinhold Beckmann über das Leben seiner Mutter, die an den grausamen Erlebnissen nicht zerbrochen ist, sondern ein Leben in Demut und Güte, in Hilfsbereitschaft und Empathie geführt hat. Reinhold Beckmann muß seine Mutter sehr geliebt haben, und er setzt ihr mit diesem Buch ein Denkmal.

Aenne, deren Mutter an den Folgen einer kriegsbedingten Erkrankung aus dem Ersten Weltkrieg bei ihrer Geburt stirbt, wächst mit ihren drei älteren Brüdern bei dem nun alleinerziehenden Vater auf, der jedoch bald darauf wieder heiratet. Aber die Kinder leiden unter der Strenge der neuen Frau ihres Vaters. Als auch der Vater an den Folgen einer Kriegskrankheit stirbt und die Witwe sich wieder verheiratet, wachsen die Kinder bei Stiefeltern auf. Aenne bekommt noch einen Bruder und eine Schwester.

Als der Zweite Weltkrieg ausbricht, ist Franz, der älteste Bruder bereits im wehrpflichtigen Alter und wird eingezogen. In dem sechs Jahre dauernden Krieg trifft dieses Schicksal auch die anderen drei Brüder, alle werden eingezogen und keiner kommt mehr zurück.

Als Aenne im hohen Alter selbst im Sterben liegt, übergibt sie ihrem Sohn Reinhold die Briefe ihrer Brüder, mit denen sie in einem engen Briefwechsel stand und das Bindeglied zu den Stiefeltern und den Liebsten ihrer Brüder war.

Aufgrund dieser Briefe hat Reinhold Beckmann dieses Buch schreiben können. Bewundernswert finde ich seine ungeheuere Recherchearbeit, um das Leben in dem kleinen Ort Wellingholzhausen beschreiben zu können. Wie sich die Dorfgemeinschaft spaltete, in die Menschen, die auch weiterhin ihrem Glauben lebten und denen, die sich den neuen Machthabern anschlossen, weil sie sich Vorteile erhofften, sich stark und mächtig fühlten, anfingen ihre eben noch guten Nachbarn zu drangsalieren und anzuschwärzen.

Aus den Briefen und Erzählungen der Brüder bei den seltenen Heimaturlauben gehen die ganzen Schrecken des Krieges hervor und ich habe das ganze Buch mit einem Kloß im Hals gelesen. Auch wenn das Schicksal der vier Brüder bekannt war, habe ich immer gewünscht, dieser unselige und grausame Krieg möge zu Ende gehen, bevor die Brüder im Krieg fallen.

Auch wenn es dem Autor sicher nicht leicht gefallen ist, dieses Buch zu schreiben, weil die Erinnerungen zu schmerzlich sind, ist es ein ganz wichtiges Buch, das besonders jungen Lesern zu empfehlen ist.

Ich habe manche Träne geweint um meinen Onkel, der nach einem Notabitur eingezogen wurde und sechs Wochen später gefallen ist. Wie Aenne hat mein Großvater Paul uns nie spüren lassen, wie schwer es für ihn war, seinen einzigen Sohn zu verlieren. Meine Oma ist im Krieg an einer Lungenentzündung gestorben, weil es keine Medikamente gab. Mein Großvater ist für mich immer ein Vorbild gewesen und wird es auch bleiben.

Viele haben ein solches Schicksal erleiden müssen, deshalb finde ich es so wichtig, daß Reinhold Beckmann in seinem Buch die schrecklichen Kriegsereignisse noch einmal für alle in Erinnerung ruft. Dafür gebührt ihm Anerkennung und ein großes Dankeschön.