Prag ist eine Reise wert

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kleine hexe Avatar

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Es ist das Jahr 1599. In London wird das Globe Theater gebaut, in Italien malt Caravaggio das Martyrium des heiligen Matthäus, in Spanien werden Velazquez und in England Oliver Cromwell geboren. Und in Prag, kurz vor Jahresende kommt Christian Stern, ein junger Gelehrter aus Würzburg an.
Mit seiner Ankunft setzt die Romanhandlung ein. Und es ist ein spannender Auftakt: Beim ersten Spaziergang in Prag entdeckt Stern die Leiche eines schönen jungen und reichen Mädchens. Es ist die Tochter von Ulrich Kroll, dem Leibarzt des Kaisers Rudolf II von Habsburg und auch die Geliebte des Kaisers. Zuerst wird Stern beschuldigt, das Mädchen getötet zu haben. Doch sein Name rettet ihn. Kurz zuvor hatte Rudolf einen Traum, in dem ihm Jesus Christus einen Stern ankündigte. Der an Okkultismus, Kabbala und Magie glaubende Kaiser sieht im jungen Gelehrten ein Omen. Und beauftragt ihn, den Mörder Magdalenas zu finden. Die Ermittlungen führen den Gelehrten in die höchsten Kreise des Hofes und vermitteln dadurch ein deutliches Bild jener Zeit am kaiserlichen Hof in Prag. Willkür, Rachsucht, Ränkeleien, Intrigen, mehr oder weniger heimliche Liebschaften sind an der Tagesordnung und Christian Stern wird in diese Machenschaften mit verwickelt, obwohl er sich dagegen wehrt und versucht unabhängig zu bleiben.
In der besten Tradition historischer Romane geschrieben, mit langen komplexen Sätzen und detaillierten Beschreibungen webt Benjamin Black einen faszinierenden Teppich mit den Farben und Bildern jener Zeit. An dieser Stelle ein Lob auch an die Übersetzerin Elke Link.
Das Titelbild mit der Prager Karlsbrücke auf der eine Gestalt im langen, wallenden Gewand vom Betrachter wegläuft und Krähen den blassen Himmel beanspruchen ist einem historischen Roman über Prag angemessen und verspricht Lesevergnügen. Ein Vergnügen dass dann Benjamin Black meisterhaft erfüllt. Die paar historischen Ungenauigkeiten musste der Autor einweben um die Handlung zu rechtfertigen, wie er auch in seinem Nachwort zugibt. Aber was wäre die Wirklichkeit ohne ein Quäntchen Phantasie?