Prager Intrigen

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regenprinz Avatar

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Der Schauplatz dieses historischen Kriminalromans um die Jahrhundertwende 1599/1600 ist "Magická Praha", die magische Stadt Prag. Da der Autor hinter dem Aliasnamen John Banville heißt, war ich auf eine hochklassige literarische Krimilektüre eingestellt.
Doch meine Erwartungen wurden leider nicht alle erfüllt. Oder vielleicht hatte ich nach dem Klappentext auch einfach die falschen? Zweifellos ist Banvilles Sprache außerordentlich geschliffen, ich weiß seinen Stil und die Eleganz seiner Formulierungen wirklich zu schätzen. Was meiner Meinung in diesem Roman jedoch auf der Strecke bleibt, ist die erhoffte Spannung einer Krimihandlung.
Denn Christian Stern, der Bastardsohn des Regensburger Fürstbischofs, stolpert zwar gleich zu Beginn über die Leiche einer jungen Frau und wird später von Kaiser Rudolf persönlich mit der Aufklärung des Mordes beauftragt - aber die Ermittlungen plätschern lange Zeit doch recht ziel- und belanglos vor sich hin. Dabei geschieht durchaus einiges, das aufzuklären wäre, z.B. ein weiterer Mord am verschmähten Verehrer der Toten. Stattdessen wird dem Leser aber ein verwirrender Einblick in allerlei höfische Intrigen und Machtgeplänkel gewährt, sowie in diverse Liebschaften, worin sich auch der Erzähler alsbald verstrickt. In der Folge fand ich die Hauptfigur leider zunehmend unsympathischer, vielleicht auch, weil sie die Ereignisse im Rückblick erzählt. Da hatte ich bald eher einen selbstverliebten alten Schnösel vor Augen statt eines jungen, aufstrebenden Gelehrten ...
Von den Nebencharakteren sind die meisten nicht besser, eigentlich fand ich nur das Mädchen Serafina anrührend. Wie soll man als Leser bitte Figuren nahekommen, die oft schon äußerlich grotesk bis abstoßend beschrieben werden oder von Anfang an verlogen und intrigant dargestellt werden?
Schade fand ich außerdem, dass die Alchimie, auf die ja im deutschen Titel sogar Bezug genommen wird, insgesamt nur spärlich abgehandelt wird. So richtig "magisch" wirkte das Buch auf mich leider nie, trotz des tollen Schauplatzes, der fundierten historischen Details und seiner stimmigen, perfekt gezeichneten Atmosphäre im frostig-düsteren Prag der Vergangenheit.
Zu guter Letzt sind dann die Fäden entwirrt und die Morde gelöst, aber als richtig "rund" empfand ich das Ende nicht. Was daran liegen mag, dass mir das Etikett "Kriminalroman" für diese Geschichte einfach unpassend erscheint.

Fazit: Ich bin nicht wirklich warmgeworden mit diesem Roman. Aufgrund der exzellenten Sprache vergebe ich trotzdem am Ende 4 Sternchen.