Farben, die alles bedeuten

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Farben bedeuten Daniel viel. Denn für ihn hat jeder Buchstabe des Alphabets eine andere Farbe. Eisblau ist das A, golden das L. In allen dunkelrosa Dingen sieht er ein I, dunkelblau ist das C und dunkelgrau das E. Diese fünf Farben, diese fünf Buchstaben, bedeuten ihm alles. Alice. Seine Tochter. Der einzige Grund für Daniel, nicht aufzugeben und weiterzukämpfen, weiterzusuchen.

Daniel ist obdachlos und die Brücken und Parks in London sind sein Zuhause. Seine Tochter Alice hat er nie kennengelernt. Er weiß nichts über sie außer ihrem Namen. Und auch diesen hat er nur durch Zufall erfahren.

Alice wiederrum weiß nichts von Daniel. Sie weiß nicht, dass ihre Mutter eine Affäre mit ihm hatte und sie weiß nicht, dass ihr Vater nicht ihr Vater ist. Dass ihre Schwestern eigentlich nur ihre Halbschwestern sind. Auch wenn sie immer das Gefühl hatte, ihr Vater würde ihre Schwestern mehr lieben, als sie.

Und wieder ist es ein Zufall, der Daniel Alice Adresse zuspielt. Und mit dem Wissen wo er seine Tochter finden kann, kommt die Angst. Kann er ihr sagen, wer er ist? Weiß sie es womöglich schon? Wird sie überhaupt mit einem Obdachlosen reden, ihm ihre Aufmerksamkeit schenken? Oder verliert Daniel sie, wo er sie doch gerade erst gefunden hat?

„Alice, wie Daniel sie sah“ hat mich sehr berührt. Die Geschichte ist so traurig und melancholisch und doch voller kleiner Freuden, wo man sie nicht vermutet.

Die Kapitel sind abwechseln aus Daniels und Alice Sicht geschrieben, wodurch man die beiden kennen und verstehen lernt. Natürlich hat man Mitleid mit Daniel, der nichts hat und sich nur wünscht, seine Tochter zu finden. Aber dann zeigt er einem kleine Dinge, die ihm Freude und Mut machen, Dinge, die man selbst übersehen würde. Für ihn ist Müll nicht Müll. Er sammelt ihn der Farben wegen, bastelt kleine Kunstwerke daraus und lässt diese an ungewöhnlichen Orten zurück. Für Alice wünscht man sich, dass sie versteht, warum sie immer ein wenig das Gefühl hatte, nicht dazuzugehören und von ihrem Vater nicht genug geliebt zu werden. Man wünscht sich einfach, dass diese beiden Menschen zueinander finden.

Das Buch hat mir sehr gefallen und ich kann es jedem empfehlen, der zwischendurch einmal Lust auf eine schöne und ruhige Geschichte hat, ohne Action und Nervenkitzel.