Gut, aber ohne das gewisse Etwas

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mainstreamgoere Avatar

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Über „Alice, wie Daniel sie sah“ habe ich im Vorfeld bereits eine ganze Menge gehört und wurde dadurch zunehmend neugieriger auf die Geschichte. Da ich die Kurzbeschreibung so interessant fand, habe ich mich auf eine melancholische, aber dennoch unterhaltsame Geschichte eingestellt, die ich am Ende auch teilweise bekommen habe, aber dennoch war ich ein wenig enttäuscht, da mir einfach was gefehlt hat, was ich nicht einmal genau benennen kann. Die Geschichte ist in Ordnung, keine Frage, aber es fehlte einfach das gewisse Etwas.

Sarah Butler hat sich mit ihrem Debütroman große Mühe gegeben, was man ihr auch anmerkt, sie hatte für ihre Protagonisten einige tolle Ideen, sie beschrieb Gedanken und Gefühle sehr authentisch und auch sonst konnte man die Geschichte sehr gut mitverfolgen, ohne sich zu langweilen oder durcheinander zu geraten. Die Geschichte liest sich leicht und flüssig und wird dabei sehr einfühlsam erzählt, einige Dialoge sind recht gelungen – auch wenn die Figuren dabei oft genervt wirkten – und wer bereits in London war, wird sich hierbei direkt wohlfühlen.

Daniel und Alice waren an sich zwei interessante Charaktere, deren Leben ich gerne verfolgt habe, aber dennoch waren sie mir oftmals viel zu unnahbar, um sie tatsächlich ins Herz schließen können. Beide tragen eine tiefe Schwere mit sich herum, die auch stellenweise den Leser mit runterzieht, was eigentlich nicht so sein sollte. Während Daniel bereits über 60 Jahre alt und obdachlos ist, hat Alice, die nicht weiß, dass dieser ihr Vater ist, zwar eine Familie, jedoch vermisst sie ihre verstorbene Mutter so sehr, dass sie sich oft vom Rest der Familie ungeliebt und ungewollt fühlt. Sie ist ruhelos und kann nicht lange an einem Ort bleiben, da sie das Gefühl hat, sie würde niemals irgendwo wirklich ankommen. Gleiches gilt auch für Daniel. Er ist zwar ständig in London und fühlt sich dort auch wohl, ist aber ebenfalls ruhelos und immer auf der Suche nach Alice. Ich wollte die beiden Figuren wirklich mögen und sie ins Herz schließen, aber leider hatte ich immer das Gefühl, als würde die Autorin die Figuren bewusst vom Leser distanzieren, sodass ich hierbei nur ein stummer Zuschauer war. Ich hätte mir dabei auch gewünscht, dass die Figuren etwas positiver an allem herangegangen wären. Es ist tragisch, wie ihre Leben verlaufen sind, aber dennoch sollten sie doch auch in irgendeiner Form glücklich, fröhlich oder zuversichtlich sein, aber dies habe ich hier nur selten gesehen, was ich mehr als schade finde.

So schön die Geschichte am Anfang auch klang, umso enttäuschender verlief sie dann für mich. Obwohl Anna und Daniel oftmals traurig und auf der Suche nach einem guten Leben sind, sind sie mir dann doch oftmals zu emotionslos gewesen. Ihre Aufeinandertreffen sind zwar an sich interessant, aber oftmals hatte ich das Gefühl, sie hätten absolut keine Lust, mit dem jeweils anderen zu reden und sich erst recht nicht auf den anderen einzulassen, was ich mehr als schade fand. Ich konnte ihre Bedenken und Ängste zwar oftmals verstehen, aber ich habe dennoch mehrfach mit dem Kopf schütteln müssen, da sie sich stellenweise wirklich doof angestellt haben. Enttäuscht war ich auch ein wenig über das Ende, da es noch viele offene Fragen gibt und ich oftmals mit einem Fragezeichen vor dem Buch gesessen habe, da aber aktuell kein zweiter Teil gepant ist, muss ich davon ausgehen, dass ich meine Fragen leider nicht beantwortet bekomme.

Wunderschön und stimmig ist dagegen die Covergestaltung, die in meinen Augen ein absoluter Hingucker ist. Die Farben, das Model,Die Skyline im unteren Abschnitt – all das ist so toll zusammengefasst, sodass dieses Cover ein toller Eyecatcher ist. Die Kurzbeschreibung ist ebenfalls gelungen und macht Lust auf mehr.

„Alice, wie Daniel sie sah“ ist sicherlich eine interessante Geschichte, jedoch hat mir streckenweise oft das gewisse Etwas gefehlt, was ich mehr als schade finde, denn die Geschichte hatte großes Potential. Dennoch ist es die Geschichte dadurch kein Flop und von daher würde ich sie jedem Leser ans Herz legen, der sich für London und melancholische Geschichten interessiert.