Vielschichtig und tiefgründig

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Ein ungewöhnliches Buch, ein Krimi, aber dazu auch Charakter- und Milieustudie. Sprachlich ganz nach meinem Geschmack, wenn auch manchmal etwas sperrig zu lesen, weil viele Perspektiven, viele Geschehnisse, teilweise am Rande, die aber nach und nach wichtig werden, insgesamt immer ganze Konzentration fordernd.
Zwei Morde in München. Eine Frau wird aus einer Wohnung heraus auf offener Straße erschossen, ein Polizist dabei noch verletzt. Ein junger Polizist mit einem Pflasterstein erschlagen, am Rande einer rechten Demo. Der Polizist verfolgte zwei kleine syrische Jungs, weil sie Äpfel geklaut hatten, was machte ihn hier so wütend?
Vier bekannte Ermittler aus Ani‘s Romanen sind hier in unterschiedlichen Beweggründen unterwegs, nicht nur was den Fall betrifft, auch was die eigene Lebnssituation betrifft. Es sind Figuren mit besonderen Geschichten und Eigenheiten, das macht den Roman sehr reizvoll.
Die für einige Jahre in die Provinz strafversetzte Fariza Nasri, anscheinend wegen einer Verfehlung, ihr Chef Polonius Fischer, ein ehemaliger Mönch, der schon pensionierte Jakob Franck, der immer noch zum Einsatz kommt um den Angehörigen Todesnachrichten zu überbringen, und Tabor Süden, auf der Suchen nach Verschwundenen, mittlerweile in einer Detektei beschäftigt. Er sucht nach einem Musiker, der seine besten Zeiten hinter sich hat.
Immer wechselnde Perspektiven, viele Figuren, die von unterschiedlicher Seite angepackt werden, die Fäden laufen nach und nach zusammen, der Spannungsaufbau läuft zunächst etwas schleppend an, ich habe nicht in einem Zug lesen können, manchmal war es mir etwas langatmig. Und nach den Lesepausen mußte ich mich erst wieder orientieren. Doch dann
wurde es zunehmend spannender, die Fälle haben auch eine hohe Medienpräsenz, und die Ermittler sind unter Druck und die Handlung entwirrte sich immer mehr.
Tolle Schreibweise, auch wenn es langsam anlief, auch tiefgründig und niveauvoll. Interessante Figuren, unterwegs in teils verkrachtem Umfeld, zudem spielt das Thema Ost/ West und vor allem auch das Thema Migration mit hinein.
Insgesamt eine Lektüre, die man nicht so einfach verschlingt, die eher Aufmerksamkeit erfordert, aber man wird mit einem richtig guten Roman belohnt! Wie man es bei Ani halt gewohnt ist.