Ein lesenswerter Debütroman

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
anana Avatar

Von

„Ich möchte gern eine Geschichte aus einer anderen Zeit erzählen. Ich war zweiundzwanzig. Ein Teakholzstöckchen von einem Mädchen. Ich hatte gerade das College abgeschlossen. Es gab nicht viele Jobs.“

Mit diesem Worten beginnt Sarah Thankam Mathews ihren Debütroman „All dies könnte anders sein“, mit welchem sie auf der Shortlist der National Book Awards 2022 stand. Hauptfigur ist Sneha, Tochter in Indien lebender Eltern, welche ihr College-Studium in den USA mitten in einer Rezession abgeschlossen hat und ihren ersten Job in Milwaukee antreten muss. Dabei ist sie als queere Immigrantin sowohl im beruflichen als auch im privaten Umfeld mit einer Vielzahl an Herausforderungen konfrontiert.

Am eindrücklichsten und gelungensten dargestellt empfand ich die Einblicke in die Arbeitswelt, die Erfahrungen mit Rassismus, Sexismus und Queerfeindlichkeit und die Sehnsucht nach echten, tiefen Beziehungen. Auch die immer wieder auftauchenden Verwerfungen bei dem Versuch sich in eine andere Kultur zu integrieren werden nicht ausgespart. All das ist durchaus bewegend und in einer eingängigen, zeitgeistigen Sprache erzählt. Zudem hat Sneha Ecken und Kanten, was auch dazu beigetragen hat, dass ich mein Interesse am Fortgang des Romans nie ganz verloren habe.

Aber leider hat mir bei Snehas Weg der Selbstfindung etwas der Tiefgang gefehlt. Es werden zwar einige aktuelle, gesellschaftsrelevante Themen betrachtet, doch meines Erachtens teilweise etwas oberflächlich behandelt. Es gibt Romane, die haben über die Auswirkungen von Klasse, Immigration, Kapitalismus, etc. fundierter und nachhaltiger erzählt. Und von Snehas Eltern hätte ich gerne noch viel mehr erfahren, um das Ende besser nachvollziehen zu können.

Nichtsdestotrotz, wenn auch mit Abstrichen, ein lesenswerter Debütroman.