Reflektiert und emotional

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In den Memoiren „All the Way to the River“ erzählt Elizabeth Gilbert von ihrer Verbundenheit zu ihrer Seelenverwandten Rayya Elias. Im Mittelpunkt steht eine Liebe, die zugleich hingebungsvoll und schwierig ist; unter anderem nicht zuletzt, weil beide Frauen mit Sucht zu kämpfen haben. Das Buch ist sehr persönlich geschrieben und setzt sich intensiv mit Themen wie Abhängigkeit, Verlust und Liebe auseinander, wodurch es einen stark berührt.
Gilbert schildert ihre gemeinsame Geschichte überwiegend chronologisch, sodass man der Erzählung mühelos folgen kann. Die thematischen Schwerpunkte sind klar gesetzt und werden sorgfältig ausgearbeitet. Durch ihre offene, intime Art zu erzählen, gelingt es Gilbert, ihre Gefühle und Gedanken so nahbar zu machen, dass man sie auch ohne eigene Erfahrung mit Sucht oder Trauer gut nachvollziehen kann. Einige Passagen zur Abhängigkeit wiederholen sich zwar, doch diese Wiederholungen empfinde ich kaum als störend.
Besonders gelungen finde ich die Darstellung der Menschen, die in der Geschichte eine Rolle spielen. Gilbert wirkt reflektiert und beschreibt sich selbst glaubwürdig. Noch eindrucksvoller ist jedoch die Beschreibung ihrer Partnerin Rayya. Auf jeder Seite spürt man, wie tief die Liebe zwischen den beiden ist. Obwohl Gilbert Rayyas Probleme nicht beschönigt, bleibt gleichzeitig deutlich, dass sie alles für sie tun würde, was sie im Verlauf der Handlung auch zeigt. Dadurch wird das Buch zum Ende hin zunehmend emotional, und bei manchen Kapiteln sind Tränen garantiert.
Mein größter Kritikpunkt betrifft die Stellen, in denen die Erzählung für meinen Geschmack zu spirituell und teils sogar surreal wird. Natürlich verarbeitet jeder Mensch Trauer auf eigene Weise, doch die wiederkehrenden Begegnungen mit einem „Geist“, mit denen sogar Dialoge geführt werden, wirken in einer ansonsten an den Fakten gehaltenen Darstellung Fehl am Platz.
Insgesamt ist „All the Way to the River“ dennoch ein sehr empfehlenswertes Buch, das eine authentische und zutiefst berührende Geschichte erzählt. Elizabeth und Rayya wachsen einem unweigerlich ans Herz, und Tränen bleiben kaum aus. Auch wenn die wiederholten spirituellen Elemente etwas von der Authentizität nehmen, bleibt das Werk lesenswert.