Endlich schreiben sie wieder

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kimvi Avatar

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Leo Leike lebt nun vorübergehend in Boston. Sein E-Mail Account wird in dieser Zeit vom Systemmanager verwaltet. Dieser sendet den Verfassern aller ankommenden Mails den Hinweis, dass der Inhaber des Accounts seine Mailadresse geändert hat und seine Post deshalb unter der gewählten Adresse nicht mehr aufrufen kann. Die Absender erhalten ausserdem den Hinweis, dass deshalb alle neuen E-Mails im Posteingang gelöscht werden. Für weitere Rückfragen steht der Systemmanager gerne zur Verfügung.

Innerhalb der monatelangen Abwesenheit Leos, hat Emmi Rothner dieses Text bereits unzählige Male vom Systemmanager erhalten. Doch sie gibt nicht auf und versucht deshalb  hartnäckig Leo unter seiner alten Mailadresse zu erreichen. In ihrer Verzweiflung beginnt sie sogar, eine recht einseitige Korrespondenz mit dem Systemmanager und klagt ihm ihr Leid. Doch seine Anwort bleibt natürlich stets die gleiche.

Doch eines Tages bleibt die gewohnte Antwort des Systemmanagers aus. Elf Stunden nach dem Absenden ihrer Mail erhält Emmi tatsächlich eine Anwort von Leo. Er ist zurück aus Boston. Doch seine Antwort ist längst nicht so euphorisch wie Emmi gehofft hatte. Denn er antwortet ihr lediglich kurz und knapp. Er lässt ein paar Grüße zurück und sagt ihr dann Adieu.
Doch so leicht lässt sich Emmi natürlich nicht loswerden. Obwohl Leo zunächst versucht ihre Mails zu ignorieren und nicht zu beantworten, bleibt sie gewohnt hartnäckig. Schließlich kann Leo  nicht mehr anders. Er muss ihr einfach antworten und so beginnt die E-Mail Romanze erneut. Denn beide bemerken recht schnell, dass ihre Gefühle füreinander noch nicht erloschen sind. Obwohl Emmi immer noch mit Bernhard verheiratet ist und auch Leo in diesem Jahr in Boston eine Frau kennengelernt hat, fliegen die elektronischen Briefe zwischen den beiden hin und her. Sie sitzen am Rechner und warten mit klopfenden Herzen auf die Antwort des anderen. Sie gehen sogar das Risiko eines Treffens ein und sitzen sich so zum allerersten Mal von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Denn zu groß ist der Wunsch sich nur einmal gegenseitig zu berühren.
Doch schließlich siedelt Leos Freundin Pamela aus Boston zu ihm über und auch Emmi wagt auf La Gomera nochmal einen Neuanfang mit Bernhard. Doch von ihrem Balkon im Feriendomizil kann sie weit auf das Meer blicken. Geduldig verfolgt sie das Spiel der Wellen, denn sie wartet auf eine ganz bestimmte. Denn man erzählt sich an ihrem Ferienort die Geschichte der siebenten Welle. Denn im Gegensatz zu ihren sechs Vorläufern ist sie manchmal unberechenbar. Zunächst passt sie sich unauffällig den vorangegangenen Wellen an, doch plötzlich bricht sie aus und wischt aufrührerisch  über alles hinweg. Zurück lässt sie etwas völlig Neues, aber ob das Neue auch besser ist, das können nur die beurteilen, die von ihr erfasst wurden. Wird es auch für Leo und Emmi eine siebente Welle geben und haben sie den Mut sich ihr zu stellen?



### Meine Meinung ###



Wie auch der Vorgängerband ist dieses Buch nicht in einer Romanform geschrieben, sondern umfasst nur den E-Mail Verkehr der beiden. Es gibt wieder keine extra Handlung, sondern nur den Hinweis wie viel Zeit seit der letzten Mail vergangen ist und manchmal eine Betreffzeile. Dem Verlauf der Ereignisse kann man also aufgrund der Inhalte der Mails folgen.

Der Inhalt des Briefwechsels ist wieder wunderschön zu lesen. Denn die E-Mails spiegeln  völlig ungeschminkt die Gefühlswelt der beiden wider. Manchmal sind sie humorvoll und fröhlich oder melancholisch und ernst. Natürlich gibt es auch mal Streit zwischen den beiden, doch nie verlieren sie ihren ganz eigenen Stil. Denn diese Mails kommen ganz ohne die sonst üblichen Kürzel und Wortverstümmelungen aus. In der heutigen Zeit gefällt mir gerade dieser korrekte und formvollendete Sprachgebrauch ausserordentlich gut. Dadurch wirken die beiden auch keinesfalls antiquitiert oder spießig, sondern es macht einfach Spaß dem Briefwechsel zu folgen.

Im ersten Teil störte mich Emmis teilweise sehr kindisches Verhalten. In diesem Teil ist davon allerdings nichts mehr zu spüren, denn sie wirkt reifer und ausgeglichener. Trotzdem kann sie es natürlich auch in diesem Teil nicht lassen, Leo gelegentlich auf die Schippe zu nehmen oder sein Benehmen ironisch zu durchleuchten. Gerade dieser ganz eigene Emmi-Humor hat mir wieder gut gefallen.

Auch in diesem Band wirken die beiden Hauptprotagonisten wieder authentisch und menschlich. Der Autor hat sich auch wieder gut in die Gedanken Emmis hineinversetzen können. Obwohl Männer ja eigentlich eher dafür bekannt sind, die Gedankengänge von uns Frauen nur schwer nachvollziehen zu können, ist das Herrn Glattauer überraschend gut gelungen. Denn beim Lesen hatte ich nie das Gefühl, dass Emmi und ihre Gedanken nicht "echt" sind.

Das Buch wurde von mir innerhalb weniger Stunden verschlungen. Allerdings muss ich zugeben, dass mir der erste Band doch etwas besser gefallen hat. Denn die E-Mails des ersten Buchs hatten ihren ganz besonderen Reiz dadurch, dass sich hier zwei Menschen schrieben, die einander noch nie gesehen hatten. Sie hegten also ganz besondere Wunschvorstellungen in Bezug auf das gesichtlose Gegenüber. Durch das Treffen der beiden , in dieser Fortsetzung verfliegt für mich ein wenig von dem Zauber.