Liebesdialoge

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buecherfan.wit Avatar

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Emmi Rothner will eigentlich nur ein Zeitschriftenabonnement abbestellen. Wegen eines Tippfehlers landen aber mehrere Schreiben bei Leo Leike, und eines Tages schreibt er ihr zurück. Daraus entwickelt sich eine über mehr als zwei Jahre andauernde Korrespondenz, die nur durch Leos Aufenthalt in Boston unterbrochen wird. Eigentlich sollte die Reise nach Boston den Kontakt beenden, denn die Dinge waren am Ende des ersten Bandes “Gut gegen Nordwind” zu kompliziert geworden. Emmi ist nämlich mit Bernhard, einem deutlich älteren Witwer mit zwei Kindern, glücklich verheiratet, bis sie sich emotional immer stärker auf Leo einlässt und damit Bernhard unglücklich macht und ihre Ehe gefährdet. In “Alle sieben Wellen” nehmen beide nach Leos Rückkehr ihre Korrespondenz wieder auf. Es ist allerdings nichts einfacher geworden: Emmi ist noch immer verheiratet, und Leo hat in Boston Pamela kennengelernt, mit der er eine gemeinsame Zukunft plant. Im Unterschied zum ersten Teil kommt es jetzt zu mehreren Treffen, und die Bindung zwischen Emmi und Leo wird immer enger.

Der zweite Band schildert wieder mittels E-mails das Auf und Ab in dieser Beziehung, die Unfähigkeit oder die fehlende Entschlossenheit vor allem bei Leo, etwas zu ändern und Entscheidungen zu treffen. Leo ist auf Grund einer gescheiterten Beziehung, die er lange nicht überwinden konnte, und aus Rücksicht auf Emmis Ehe besonders zögerlich und fast handlungsunfähig.

Der formal innovative E-Mail-Roman ist etwas gewöhnungsbedürftig, aber trotzdem sehr lesbar, wobei sich die Idee des Briefwechsels am Computer mit der Zeit ein wenig abnutzt und streckenweise sehr wenig passiert. Dennoch überzeugt der Roman mit ausgeprägtem Wortwitz, vielen Wortneuschöpfungen und den spielerisch ausgetragenen verbalen Gefechten zwischen den beiden, die sich necken und provozieren, fast entzweien und dann wieder versöhnen. Die allmähliche Annäherung und sich vertiefende Bindung berührt am stärksten in diesem ungewöhnlichen Roman, dessen ersten Teil ich allerdings fast noch gelungener finde als den zweiten. Dennoch ist Glattauers “Alle sieben Wellen” eine sehr empfehlenswerte Lektüre.