Allein kann ja jeder

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lunamonique Avatar

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Jutta Profijts vierter Band der Kühlfach-Krimireihe „Kühlfach 4“ wurde für den Friedrich Glauser-Preis 2010 in der Sparte „Bester deutschsprachiger Kriminalroman“ nominiert. In „Allein kann ja jeder“ wird die 71jährige Rosa durch einen Notfall zur Hausbesetzerin. Das WG-Leben erweist sich als nicht unproblematisch.

Rosas Nachbar Robert, ein pensionierter Kriminalkommissar, wird ermordet. Er hatte einen alten Fall wieder aufgerollt. Wollte der Täter ihn deswegen aus dem Weg räumen? Rosa muss dringend die Unterlagen finden, aber Robert hatte seine ganz eigene Art, wichtige Dokumente zu verstecken. Tochter Ellen wird samt pubertierendem Teenager Kim von ihrem Exmann Jens vor die Tür gesetzt. Er will das Haus verkaufen, weil seine neue Frau ein Kind erwartet. Auch Rosa steht plötzlich ohne Zuhause da. Ein Immobilienbetrug hat ihr letztes Erspartes gekostet. Die Drei finden sich in einer Zwangs-WG mit zwei Fremden wieder. Kann das gut gehen?

Mit der eigenen Mutter unter einem Dach leben, da sind die Probleme meistens vorprogrammiert. Rosa und Ellen sind wie Feuer und Wasser. Die 71jährige Rosa steht normalerweise nicht vor Mittags auf, raucht liebend gerne Joints, überlässt Abwasch und Hausputz gerne anderen und tut was sie will. Heftchenromanautorin Ellen hinkt ihren Abgabeterminen hinterher, lässt sich von ihrer Mutter regelmäßig zur Weißglut bringen und schlägt sich mit einem Egoisten von Exmann herum. Die Charaktere, allen voran Rosa, wirken etwas abgedroschen. Im Laufe der Geschichte immer interessanter wird Kims Physiklehrer Seefeld. Woher hat er sein brillantes Reaktionsvermögen? Warum ist er immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort? In „Allein kann ja jeder“ verknüpfen sich ein paar Nebengeschichten zu einer. Wer hat Robert ermordet? Woran hat er gearbeitet? Wer hat es auf Kim abgesehen? Können Rosa und ihr Bekannter Leo den Immobilienbetrüger stellen? Entwickelt sich zwischen Kommissar Mittmann und Ellen mehr? Welches Geheimnis verbirgt Kims Zufallsbekanntschaft? Leider trumpft Autorin Jutta Profijt nicht wie gewohnt mit Situationskomik auf. Ihr sonst so eigener Sprachstil kommt in dieser Geschichte nicht zum Zug. Sie wirkt zusammengewürfelt. Es fehlt besonders bei den Charakteren an neuen Ideen. Der Unterhaltungswert ist nicht so hoch wie bei den Kühlfach-Krimis. Zwischendurch wirkt die Geschichte langatmig, auch wenn die Figuren sympathisch sind. Die ehemalige Volkschauspielerin Rosa schafft es auch nicht durch ihre Eigenarten die Geschichte herumzureißen. Durch den Mord und die Ermittlung kommt wenig Spannung auf. „Allein kann ja jeder“ entpuppt sich als leichte Urlaubslektüre. Nicht immer ist das Verhalten der Charaktere nachvollziehbar. Roberts Tod hätte Rosa wesentlich mehr schockieren und aus der Bahn werfen müssen. Der pensionierte Kommissar Leo erweist sich als lausiger Ermittler. Was hat es mit Ex-Unternehmer Schmitts unsicherem Auftreten auf sich? Das Ende hat eine Überraschung parat und lässt ein paar Dinge offen. Eigentlich schade, um die vielen gesponnenen Fäden, die nicht alle zusammen führen.

Das Cover spielt mit der Dachszene auf die Mehrgenerationen-WG an. Die Harmonie zwischen Rosa, Ellen, Kim und den anderen wärt immer nur kurz. Durch die Gestaltung fällt die Zuordnung zum Frauenroman leicht. Die sommerlichen Farben wirken anziehend. „Allein kann ja jeder“ erfüllt die Erwartungen. Leider ist der Plot nicht ganz so raffiniert gestrickt und erscheint manchmal etwas wirr. Die Passagen, in denen Ellen an einem neuen Romanheftchen schreibt, fügen sich nicht optimal in die Geschichte ein und sind eher überflüssig. Fazit: Wer lockere, kurzweilige Unterhaltung liebt, liegt mit „Allein kann ja jeder“ richtig.