Manches endet in Apulien...

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botte05 Avatar

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Rezension: Kirsten Wulf, Aller Anfang ist Apulien, Verlag Kiepenheuer & Witsch, Roman, Taschenbuch, 320 Seiten, 8,99 €, Erscheinungsdatum: 14.02.2013

„Als Elena herausfindet, dass ihr Mann sie betrügt, flüchtet sie mit ihrem kleinen Sohn in den tiefen Süden Italiens. Ihr geliebter Onkel Gigi, ein extravaganter Antiquitätenhändler und begeisterter Koch, nimmt die beiden in seinem barocken Palazzo auf – der Anfang einer turbulenten Wohngemeinschaft, zu der noch Michele stößt. Der junge Maler aus Rom sucht nach dem Absender einer alten Postkarte, die sein ganzes Leben auf den Kopf gestellt hat. Elena und Michele entdecken ein Geheimnis, das die kleine apulische Stadt erschüttert und mehr mit ihnen zu tun hat, als sie ahnen.“ – Zitat Buchrücken

Zunächst begegne ich Michele in Rom, der nach dem frühen Tod seiner Mutter deren Haushalt aufgelöst hat. Dabei hat er eine alte Postkarte gefunden, die Hinweise auf Verwandtschaft mütterlicherseits in Lecce beinhaltet. Seine Mutter hat nie etwas hiervon erwähnt, also begibt er sich nach Lecce, um seine Wurzeln zu finden.

Danach lerne ich Elena kennen, die von Hamburg zu ihrem schwulen Onkel Gigi nach Lecce flüchtet. Elena kann ein Appartement im Palazzo von Gigi beziehen, welches „schon fast fertig ist“ (für italienische Verhältnisse – für deutsche Verhältnisse ist es ein entkernter Rohbau…). Zio Gigi kümmert sich liebevoll um Elena und ihren Sohn Ben, so dass Elena erst einmal zur Ruhe kommen kann. Und auch der Kontakt zu ihrer Freundin aus Kindertagen, Elisabeth, tut ihr richtig gut. Und Renovieren ist ebenfalls eine willkommene Ablenkung.

Nachdem Michele sein Zimmer in Lecce gekündigt wird, kann er aufgrund der süditalienischen Mentalität „Dein Freund ist auch mein Freund“ bei Onkel Gigi im Lager seines Antiquitätenladens Quartier beziehen. So kreuzen sich die Wege der beiden Hauptdarsteller, die sich sympathisch sind und sich anfreunden.

Während sie mehr oder weniger zufällig gemeinsam Lecce und seine Besonderheiten kennenlernen, stoßen sie auf verlogene Abgründe hinter der Fassade der gehobenen Lecceser Gesellschaft, mafiamäßiges Revierverhalten sowie nicht ganz so heilige Kirchenvertreter.

„Aller Anfang ist Apulien“ ist ein nettes Buch, es ist leicht und kurzweilig zu lesen, ich kann mich gut in die Gegebenheiten in Lecce hineinversetzen und habe eine Vorstellung von den beteiligten Charakteren. Die Ereignisse wirken schlüssig und nicht „völlig aus der Luft gegriffen“. Kirsten Wulf versucht, süditalienisches „dolce vita“ zu vermitteln.

Aber trotzdem ist dieses Buch nicht richtig Fisch und auch nicht Fleisch. Es ist kein Liebesroman, dafür nimmt die Liebe zu wenig Raum ein. Es ist keine Familiensaga, da die Geheimnisse um Micheles Herkunft auch eher so nebenbei herauskommen. Es ist keine Sozialstudie über Menschenhandel und Zwangsprostitution, wobei hier schon Einiges ans Licht kommt. Und die Mafia ist auch eher nur eine Randnotiz.

Das Cover des Taschenbuches finde ich ansprechend, es vermittelt mir süditalienisches Flair. Auch finde ich es sehr nett, ein privat wirkendes Foto der Autorin und ein kleines Interview auf den Einbandinnenseiten abzudrucken.

Kirsten Wulfs „Aller Anfang ist Apulien“ ist – wie gesagt – ein nettes Buch, es macht aber auch nichts, wenn man es nicht gelesen hat. Da es sich augenscheinlich um ein Erstlingswerk handelt und Frau Wulf noch jung ist, bin ich aber zuversichtlich, dass für ein nächstes Buch nach oben hin noch alles offen ist!