Zu Hause in Apulien?

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goch9 Avatar

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Elena von Eschenburg fühlt sich nicht mehr wohl in ihrem Leben. Als einziges Kind der bildhübschen Gloria, Tochter einer italienischen Gastarbeiterfamilie, und dem grundsoliden Hendrik von Eschenburg, Sohn einer Hamburger Reederfamilie, ist sie ein halbes Emigrantenkind, fühlt sich nirgendwo zu Hause und führt deshalb ein Nomadenleben als Fotojournalistin. Nach der Geburt ihres Sohnes, Ben, glaubt sie endlich angekommen zu sein und lebt das Leben einer Ehefrau, Mutter und Teilzeitarbeitenden in Hamburg. An ihrem 40. Geburtstag stellt sie fest, dass sie von ihrem Mann, Aron betrogen wird. Sie bricht alle Brücken ab und flüchtet sich mit ihrem Sohn nach Lecce in Apulien, wo noch ein Teil ihrer italienischen Familie lebt. In Lecce treffen Ars vivendi auf deutsche Gründlichkeit. Während Elena versucht sich in Lecce ein neues Leben aufzubauen, lernt sie den Römer Michele kennen und gemeinsam spüren sie ein Geheimnis auf, das man in Lecce nicht vermutet hätte.

Frau Wulf hat einen wunderbaren unterhaltsamen Roman geschrieben. Er wirkt leicht und beschwingt. Man hat als Leser den Eindruck, dass sie das Leben in Lecce beschreibt, wie nur Italiener das Leben sehen. Fast nebenbei wird dem Leser bewusst worum es wirklich geht. Es geht um die Zerrissenheit der Emigrantenkinder, die nie genau wissen, wo ihre Heimat ist. Es geht um Schutzgelderpressung. Es geht um Menschenhandel und Zwangsprostitution und letztlich geht’s auch um die Mafia. Obwohl Frau Wulf nichts beschönigt, wirkt dieser Roman nicht brutal und gewalttätig. Es ist ihr gelungen zu beschreiben, wie die Italiener in Lecce mit dieser Gewalt und Bedrohung umgehen.
Ich würde mir mehr Bücher dieser Art wünschen.