Anekdoten einer Sprachtrainerin

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Das Buch über Integration, neue Perspektiven bzw. Einstellungen startet mit einer Überraschung: Bügeln? Das hatte ich nicht erwartet, aber ok, ich bin ja bekennender Bügel-Fan, kann die Autorin also durchaus verstehen, dass sie beim Bügeln Zeit für sich selbst, quasi als Denkpause, findet.

Im Folgenden erfahren wir, in angenehm kurzen Abschnitten, mehr von der Autorin, von Erinnerungen an ihre Oma über ihre Vorliebe von Sprachtraining, anstatt Sprachunterricht zu sprechen, bis hin zu den Hobbies der Teilnehmer ihres Kurses; dazu, wie von einer Sprachtrainerin nicht anders zu erwarten, sehr viel darüber, wie kompliziert die deutsche Sprache als Fremdsprache ist. Wenn man sich mal vorstellt, wir als Muttersprachler müssten die ganzen Regeln neu lernen... oh je, wahrscheinlich würde so mancher verzweifeln. Ich jedenfalls fühlte mich bei den "Info für die Muttersprachler" an den Deutsch LK oder Linguistikseminare erinnert.

Von dem Buch nehme ich für mich mit, wie wichtig es ist, mit Leidenschaft und Freude zu arbeiten, ob es nun Sprachtrainerin oder Nageldesignerin ist. Im Bezug auf Integration bleibe ich (wie schon beim Leseeindruck) dabei: Sprache ist ein, vielleicht sogar DAS wichtigste Werkzeug, um in einem Land anzukommen. Wahrscheinlich sollten wir uns dabei alle stärker bemühen, im Alltag und da wo es möglich ist selber zu vielen kleinen Sprach-Co-Trainern zu werden und einfach mal Neuangekommende anzusprechen, neugierig zu sein, ohne sie sprachlich zu überfordern. Ich denke, dann würde Integration noch mehr gelingen - und beide Seiten lernen voneinander Neues.

Ich gebe "Alles ausser fern" 4 von 5 Sternen. Einen kleinen Punkt ziehe ich ab, weil die ganzen linguistischen Hinweise den Lesefluss z.T. doch arg stören, manches an ein Didaktik-Seminar erinnert, und dann wird die Autorin von der Trainerin leider fast schon zur (Ober-)Lehrerin. Das hindert mich aber nicht daran, das Buch weiterzuempfehlen, weil es mir größenteils wirklich sehr gut gefallen hat:
- die deutlich zu spürende Liebe zur deutschen Sprache,
- die oft lustigen, aber immer interessanten Anekdoten der Kursteilnehmer und -trainerin, z.B. brachte mich die (fehlende) Logik beim Wort "Mitesser" zum Schmunzeln und das Verzweifeln an so einigen Lehrbüchern löste bei mir ein heftiges Kopfnicken aus,
- der Perspektivenwechsel, der mir so einige Denkanstösse gegeben hat,
- und das bunte Cover, was die positive Haltung der Autorin so gut wiedergibt.