Intelligenz schützt vor Langeweile?

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edda Avatar

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Alles Fleisch ist Gras handelt von einem Serienmord, ausgelöst durch einen Zufallssturz. Die Frage: Hat der Stürzende den Tod nicht verdient, da er so ein übler Erpresser war, wandelt sich zu dem Motto des ganzen Handlungsstrangs des Buches. Selbstjustiz, Ausrottung der Schädlinge der Kleinstadt Dornbirn in Österreich. Wie außerordentlich praktisch, daß der Erpresste der Leiter einer Kläranlage ist und sehr wohl weiß, wie menschliches Ungeziefer zu entsorgen wäre. Chefinspektor Nathanael Weiß - man denke an die weiße Weste - ist dann Schulfreund und Initiator einer ganzen Reihe von Morden. Daß es sich dabei um eine starke Persönlichkeitsstörung handelt, wird dem Leser nicht deutlich - sondern eher in der wachsenden Verblüffung das rechtlose Verhalten der Beteiligten zu beobachten sowie deren bürgerliche Fragestellungen. Ganz im Gegensatz zu der Definition eines Psychopathen hat Nathanael Weiß sehr wohl ein soziales Gewissen - es fußt allerdigs nicht auf der Basis der allgemeinen Rechtsprechung. Als Chefinspektor einerseits Hüter der Ordnung zu sein und andererseits seine eigene Auffassung von Ordnung durchzusetzen ist grenzgängerisch verrückt. Alle Protagonisten  stammen aus gebildeter Schicht, sind in gewisser Hinsicht von ihrem Leben gelangweilt. Mich  erinnert die Handlung an die Art von Claude Chabrols Filmen.
Die anfänglich grandiose Spannung auf 400 Seiten zu halten gelingt Christian Mähr meiner Meinung nach nicht. Das Buch ist intelligent und hebt sich dadurch ab. Letztendlich stellt der Leser fest, dass er auf keinen Fall in Dornbirn wohnen möchte - sonst würde er mangels innerer Luft ersticken - das was dann das Fazit wäre, ist, den Abstand zu wahren und nicht, wie es Natahanael Weiß entschied, dem „Mief” durch Grenzüberschreitung, sprich Mord zu entkommen.