Kein Krimi

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owenmeany Avatar

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Ein Krimi im landläufigen Sinn, wie ich das nach dem ersten Vorablesen vermutete, ist das nicht. Die Lektüre des gesamten Buches belehrte mich nun eines Besseren: es ist eine rabenschwarze Parabel auf die Schattenseiten vermeintlich ehrbarer Mitglieder der Gesellschaft, die durch besondere Umstände in die Lage geraten, unliebsame Mitbürger spur- und sanktionlos beseitigen zu können.

Es steigert sich langsam wie bei Max Frischs "Biedermann und die Brandstifter". Der erste Todesfall trifft nur durch Fahrlässigkeit einen unsympathischen, unbelehrbaren Nazi - sei's drum!

Der Teufelskreislauf entwickelt sich erst, als das Auge des Gesetzes höchstselbst sein Heil in der Selbstjustiz sucht. Mit hanebüchenen Argumenten rechtfertigt eine selbst ernannte "Feme" ihre Untaten und hebt an, die Welt zu erretten, wobei sich der Kreis in pikanter Weise schließt zur Geisteshaltung des ersten Opfers: "The evil is always and everywhere." Die zunächst durch ein Missgeschick entstandene Situation eskaliert in einer unaufhaltsamen Eigendynamik.

Gegen Schluss verknüpft der Autor die Handlungsfäden zu einem derartig komplizierten Geflecht, dass vor allem an technischen Aspekten interessierte Leser ihr Vergnügen daran finden werden.

Nichtsdestotrotz prägt sich die Quintessenz des Werks nachhaltig ein: wehret den Anfängen, denn sobald eine gewisse Grenze überschritten ist, gibt es kein Entrinnen mehr vor dem Schuldigwerden und der totalen Verstrickung.

Mit der gewichtigen Botschaft kontrastiert ein lockerer, beinahe lakonischer Tonfall, wie aus dem Handgelenk geschüttelt, aber das kennt man ja von Österreichern wie z.B. Ludwig Hirsch.