Alles gut. Wirklich alles gut?

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petris Avatar

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Jess hat ihren ersten Job als Analystin bekommen, noch dazu bei Goldman Sachs. Doch ihre Begeisterung hält sich in Grenzen, als sie dort auf Josh trifft, ein Studienkollege, den sie bereits auf der Uni für seine reaktionären Ansichten nicht ausstehen konnte. Doch Josh ist hilfsbereit. Und nach und nach freunden sie sich an. Jess hat es im Job als schwarze Frau nicht leicht, sie hasst ihren Job. Doch sie braucht das Geld, hat einen Studienkredit abzuzahlen und hat keine reiche Familie im Hintergrund. Dazu kommt ihr ständiges schlechtes Gewissen, dass sie sich nicht mehr für die Agenda der Schwarzen engagiert, nicht mehr für sich und gegen Rassismus einsteht.
Josh ist ein netter Mensch, aber er hat konservative Ansichten. Immer wieder ein Diskussionspunkt zwischen den beiden. Dass sich dann auch noch die Liebe einschleicht, macht ihre Beziehung nicht leichter.
Dieser Roman ist sehr leichtfüßig und realistisch erzählt. Der schwierige Einstieg ins Arbeitsleben, das ewige Nachdenken über Geld, die extremen Unterschiede an Voraussetzungen, je nachdem aus welcher Schicht man kommt,… Das ist alles wunderbar eingewebt in die Geschichte. Auch die Frage, wie sehr es möglich ist, eng mit jemandem befreundet zu sein, der politisch so völlig anders eingestellt ist, ob eine Beziehung da überhaupt möglich ist, wird realistisch erzählt. Es kommt immer wieder zu Missverständnissen, falschen Einschätzungen, weil der:die andere sofort in eine Schublade gesteckt wird. Der Alltag in den USA, die Themen und Probleme werden hier lebendig und besser verständlich.
Mir hat das Buch sehr gut gefallen, einen Stern Abzug gibt es lediglich für ein paar Punkte: Für ein Lieblingsbuch war mir dann die Sprache doch etwas zu einfach und das Hin und Her, die Missverständnisse zwischen Josh und Jess wiederholten sich einmal zu oft.
Das Ende hinterließ mich nachdenklich. Trump wurde zum Präsidenten gewählt, seine Rede ist nicht ganz so reißerisch wie erwartet und Josh meint: „Siehst du. Alles gut.“ Wirklich alles gut? Vor allem für seine schwarze Freundin Jess?
Ob diese beiden den Gegensatz auf Dauer aushalten, wie Jess dieses „Alles gut“ wegsteckt, das erfahren wir nicht mehr. Der:die Leser:in darf sich das selber ausmalen.