Definitiv nicht alles gut

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2,5 von 5

Im Roman „Alles gut“ von Cecilia Raabes ist definitiv nicht alles gut, und das stellt man auch recht schnell fest.
Wir begleiten Jess bei ihrem Leben in New York, das von Politik und vielen weiteren Themen wie Rassismus und Diskriminierung geprägt ist. Erfahren mit ihr zusammen, was Liebe bedeuten kann, wenn der Partner die genauen Gegensätze vermittelt.

Mit Jess und Josh treffen wir auf zwei Protagonisten, die nicht unterschiedlicher sein könnten, alleine schon von den Voraussetzungen her, mit denen sie ins Leben gestartet sind.
Während Jess mit Rassismus und Diskriminierung aufwachsen musste, hatte Josh ein recht sorgenfreies Leben. Und das merkt man.
Josh steht zu seinen Ansichten und sieht es ein, wenn er Fehler gemacht hat. Er ist offen, selbstbewusst und würde nahezu alles für die Menschen machen, die er liebt. So auch für Jess.
Jess, die sich quasi als einzige schwarze Person auf der Welt sieht und ihre Unsicherheiten versucht, mit Kritik an anderen zu überspielen. Sie sucht die Fehler immer bei den anderen und reflektiert ihr eigenes Verhalten auf keinster Weise, was sie mir absolut unsympathisch macht. Es war punktuell immer wieder nervtötend und anstrengen zu lesen, wie sie immer nur das Schlechte in allen Menschen sieht und denkt, dass alle nur etwas Böses von ihr wollen. Keiner kann es gut mit ihr meinen. So macht es zumindest den Eindruck.

Dazu kommt das Springen von einer Handlung in die nächste. Von der Gegenwart in die Vergangenheit. Von einer Woche zur nächsten. Richtig tiefgründige Szenen mit wirklich viel Gefühl findet man nur selten vor.
Was man dagegen häufig vorfindet, sind Fachbegriffe aus der Finanz und Banken-Branche. Besonders im ersten Drittel des Buches wird man damit überhäuft und wenn man sie nicht versteht, dann verliert man schnell die Lust am Lesen. Hätte ich mir die Mühe gemacht und alle Fachbegriffe gegoogelt, wäre ich ewig beschäftigt gewesen.
Direkt zu Beginn wurde somit vieles verbaut und meine Motivation das Buch weiterzulesen ging gegen null. Dabei wird man durch den rasanten und eigentlich recht flüssigen Schreibstil durch die Geschichte gezogen. Einfache Formulierungen treffen in diesem Sinne auf viele Fachwörter, um es kurz zu machen.
Doch es gibt noch eine Sache, die mich stört, und das ist der Punkt, dass ich die Geschichte absolut nicht „verdammt lustig“ und „witzig“ fand, wie sie von manchen großen Stimmen angepriesen wird. Humor habe ich verzweifelt und vergeblich gesucht.
Vielleicht ist er durch die Übersetzung auf der Strecke geblieben? Ich weiß es nicht. Vielleicht habe ich auch einfach keinen Sinn für diese Art von Humor.

Schlussendlich finde ich die Idee eine Liebesgeschichte auf Politik treffen zu lassen, sehr spannend und ich sehe hier definitiv gute Ansätze, bei denen manche leider auf der Strecke geblieben sind.
Es wäre schön gewesen, hätte man bei Jess eine Charakterentwicklung gesehen, denn das Potenzial dafür ist auf jeden Fall da.
Dennoch muss man sagen, dass dieser Roman uns viele Probleme der Gesellschaft direkt vor die Nase hält und verdeutlicht, was immer noch schiefläuft. Das ist gut und bringt bestimmt viele Menschen zum Nachdenken. Auch über ihr eigenes Verhalten.

Zum Schluss möchte ich allerdings noch ergänzen, dass es schön ist, dass man im Laufe der Geschichte einen direkten Bezug zum Cover herstellen kann, was auf den ersten Blick verwirrend sein mag.

Alles in allem ist „Alles gut“ ein Roman, der mir das Leben nicht leicht gemacht hat. Von einer unsympathischen Protagonistin bis hin zu Fachwörtern ohne Ende, gab es vieles, das dafür gesorgt hat, dass ich dieses Buch nicht wirklich mag.
Deshalb kann ich keine wirkliche Empfehlung aussprechen, obwohl es bestimmt genügend Menschen gibt, die dieses Buch mögen würden.

Und bis heute stelle ich mir eine Frage: Hätte mir das Buch besser gefallen, wenn ich es im Original gelesen hätte?