Verschwinden

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regenprinz Avatar

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Noch eine Jugendbuchleseprobe, die es in sich hat, diese Woche - und zufällig geht es auch darin wieder um ein Familiendrama bzw. einen toten Bruder und eine zurückbleibende Schwester, die sich schuldig fühlt und in eine Therapie "gezwungen" wird. In diesem Fall ist es Stevie, die beschlossen hat, zum Jahrestag von Joshs Tod zu "verschwinden" und da sie an Anorexie leidet, hat sie offenbar vor, sich zu Tode zu hungern. Der Ton, in dem sie erzählt, ist recht aggressiv und da macht sie auch vor ihren Mitpatientinnen nicht Halt, niemand in ihrem Umfeld kommt gut weg. In der Therapieklinik fühlt sie sich jedenfalls komplett fehl am Platz und zeigt in der Leseprobe noch keinerlei Einsicht oder den geringsten Willen, sich helfen zu lassen. Stattdessen hofft sie darauf, dass Eden (ihre Freundin?) sie herausholt, damit sie ihren heimlichen Plan zu Ende bringen kann - doch als sie anruft, ist Eden zu betrunken, um ein Gespräch zu führen ... Was bisher über Stevies Familie so durchschimmert, gerade auch, was die Eltern betrifft, erzeugt beim Lesen fast eine Gänsehaut. Insofern sehe ich ihre rotzige Ausdrucksweise als reinen Selbstschutz an - bloß nichts und niemanden an sich heranzulassen.
Insgesamt finde ich diesen Romananfang sehr eindringlich geschrieben und ich bin neugierig auf Stevies wahre Geschichte. Und auch für sie hoffe ich, dass sie eine Perspektive zum Weiterleben findet und alles ein gutes Ende nimmt.