Zu Tode hungern?

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mel.e Avatar

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 „Alles so leicht“ entwickelt sich erst nach und nach zu einer runden Story, denn anfänglich wurde ich mit der Protagonistin nicht warm, da sie mir oberflächlich und ihre Gedanken lediglich von Todessehnsucht geprägt. Sich zu Tode zu hungern erschien mir keinesfalls nachahmenswert und ergab auch nicht sofort einen Sinn. Alles hat einen Ursprung, so auch die Bulimie, die hier die Folge eines tiefen seelischen Schmerzes ist. Angefangen in der Kindheit und endend nachdem ihr Bruder Josh bei einem Unfall zu Tode kam. Das Ziel sich zu Tode zu hungern entsteht durch Schuldgefühle, die Stevie nicht anders umzusetzen vermag, als dass sie am ersten Todestag selbst sterben will. Ihr Vater ergreift drastische Mittel und lässt sie in ein Therapiezentrum für Essgestörte einweisen. Dort angekommen, verweigert Stevie alles, sei es Nahrung oder auch Zuneigung der anderen Mädchen. Innerhalb dieser Zeit verändert sich Stevie und wir lernen sie um einiges besser kennen, nehmen Einblick in ihrer Vergangenheit und nehmen somit auch Verlustängste und Schuldgefühle wahr. Es geht hier nicht nur um Essstörungen, obwohl dieses einen hohen Stellenwert hat, sondern zeigt deutlich eine psychische Erkrankung. Nicht nur Stevie wird beleuchtet, sondern auch einige der anderen Mädchen, die sich in Therapie finden, dadurch wird definitiv verdeutlicht, wie wichtig ein gesunder Rahmen auch innerhalb von Familien ist, obwohl eine Essstörung natürlich immer etwas ist, wofür ich mich selbst entscheide. Ein Trauma oder anderes, kann natürlich dazu führen, dass es krankhaft bedingt ist. Ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, denn es ist mir natürlich auch bewusst, dass auch ein gesundes Familienleben dazu führen kann, dass Mädchen / Jungen an einer Essstörung oder einer psychischen Erkrankung leiden. Dies ist auch nicht die Aussage, die ich machen wollte, es dreht sich hier lediglich um Stevie und diversen anderen Mädchen im Therapiezentrum und dort sind die Familienverhältnisse einfach sehr schwierig und den Mädchen fehlt es an Halt und Lebenswillen.

 

Insgesamt empfand ich „Alles so leicht“als sehr authentisch, auch wenn ich ein klein wenig Seiten gebraucht habe, um mit Stevie warm zu werden. Ich hatte mich ganz bewusst für dieses Buch entschieden, da es mich wirklich fasziniert, wie wenig manche Mädchen / Jungen ihren Körper wertschätzen, bzw. die Umstände, die zu dieser Erkrankung führen. Interessant ist hier die Therapeutin Anna, die mich spontan an Anorexia nervosa - Magersucht erinnert und so sicherlich auch von der Autorin gewollt wurde. Bulimie (Ess - Brechsucht) nimmt ebenfalls einen großen Teil des Buches ein, Es dient nicht der Aufklärung, sondern lediglich der Heranführung in die Thematik. Durch den locker - flockigen Schreibstil ist „Alles so leicht“ einem Jugendbuch angemessen und hat mich wirklich bewegt. Bewegt dadurch, dass ich eine zutiefst verletzte junge Frau kennen lerne, die das Leben so wie es zum jetzigen Zeitpunkt ist, nicht attraktiv genug findet, um es weiterzuleben.

 

Ich könnte so viel mehr von meinen Eindrücken schreiben, würde das Buch aber zu sehr spoilern, daher muss ich mich doch etwas zurücknehmen. Was ich möchte, ist eine Leseempfehlung aussprechen für ein authentisches und auch sehr einfühlsames Jugendbuch, welches eine Erkrankung beleuchtet, die leider viel zu aktuell ist. Zutiefst bewegt haben mich Stevies Beweggründe, die nicht sofort klar sind, sondern sich im Laufe der Therapie entwickeln, nachdem sich Stevie anfängt ihren Problemen zu stellen. Ich konnte mich auf emotionaler Ebene sehr gut auf Stevie einlassen, obwohl dies nicht gleich von Anfang an geschehen konnte. Die ersten Eindrücke erschienen mich förmlich vor Oberflächlichkeit zu erschlagen, was sich dann nach und nach wandeln konnte und sich zu einem Buch entwickelte, was nachdenklich stimmt und zutiefst berühren konnte.