Von allem ein bisschen

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„Alles, was wir wissen“ ist ein dicker Wälzer, in dem eine sehr große Breite an Themen oberflächlich angekratzt wird. Dabei ist das Buch grob in acht Kapitel eingeteilt: Universum, Die Erde, Materie, Leben, Menschen, Altertum und Mittelalter, Moderne Zeiten und Heute und Morgen. Der Herausgeber Christopher Lloyd hat sich Unterstützung von über 100 Experten geholt. Die Verantwortlichen für jede Doppelseite, die jeweils ein Thema umreißt, sind unten links angegeben, was bedeutet, dass man auch direkt eine Menge echter Wissenschaftler indirekt kennenlernt.

Eine besondere Rubrik sind die „Bekannten Unbekannten“. Dabei handelt es sich um Fragen, die die Menschen schon seit langer Zeit beschäftigen, die aber immer noch nicht geklärt sind. Hier finden Kinder mögliche Ansatzpunkte, wenn sie selbst einmal forschen möchten. Positiv hervorzuheben sind außerdem neue Themenbereiche in den Kapiteln 7 und 8 wie „Fake News“, die zu meiner Kindheit noch keine Rolle gespielt, heute aber in einem Kinderlexikon ihre Daseinsberechtigung haben.

Hier gehe ich nun zur Kritik über. Ab und zu gibt es einen Expert(inn)en-Kommentar, wobei es sich um eine knappe Vorstellung der Person samt Zitat handelt, aus dem hervorgehen soll, warum diese sich für ihre Arbeit begeistert. Karen McComb, Zoologin, sagt z.B. „Ich möchte gern wissen, wie es ist, die Welt so zu sehen, wie ein Tier sie sieht.“ (S. 159). Die Idee finde ich großartig, aber die Umsetzung hat mich enttäuscht. Hier kommen auf 24 Experten nur 12 Expertinnen. Ich würde nicht auf einer strengen 1:1-Ratio bestehen, aber dass doppelt so viele Männer wie Frauen zu Wort kommen finde ich nicht zeitgemäß und – wesentlich schlimmer – auch nicht realitätsgerecht. Auch in der Rubrik, in der zentrale historische Persönlichkeiten vorgestellt werden, lernt man 22 Männer, aber nur 10 Frauen kennen. Wenn also jemand auf so etwas Wert legt, kann man dieses Buch nicht als gute Wahl empfehlen.

Die Gestaltung des Buches von außen gefällt mir wahnsinnig gut, besonders wegen der Farbwahl von Grün und Gelb. Die fröhlichen Farben passen dazu, dass das Buch Freude an Wissen und Wissenschaft vermitteln will. Innen drin erwartet einen ein modernes Design mit Grafiken und Fotos, aber kaum Illustrationen. Ich muss sagen, dass ich es auf Dauer weder ästhetisch ansprechend noch wirklich gelungen fand. Die Seiten wirken teilweise überladen, ohne dass tatsächlich übermäßig viele Informationen darauf zu finden wären. Empfehlenswert ist das Buch außerdem nur für Kinder in einem Alter, in dem man es ihnen zutraut, selbst zu recherchieren, wenn sie ein Wort nicht verstehen, denn ein Glossar gibt es nicht. Leider auch kein Stichwortverzeichnis, was die ohnehin schon chaotische Gestaltung noch undurchsichtiger macht. Es gibt zwar Querverweise zu anderen zusammenhängenden Themen, die interessant sein könnten, das war es dann aber auch. Ein Buch zum Blättern, nicht zum Nachschlagen.
Vieles wird wegen der Knappheit nicht wirklich erklärt, gerade das Kapitel über das Universum lässt auch mich als Erwachsene unbefriedigt zurück, die Informationen muss man einfach so hinnehmen und hat danach nicht wirklich an Wissen gewonnen (Bsp.: die Beweise für den Urknall auf S. 11). Hier wären die Experten gefragt gewesen, die Zusammenhänge tiefgehend, aber kindgerecht zu erläutern – dafür sind sie schließlich engagiert worden.

Ich wollte ursprünglich vier Sterne geben, aber dann habe ich überlegt: Würde ich dieses Buch in der Buchhandlung durchblättern und dann wirklich kaufen? Nein, würde ich auf keinen Fall. Ich würde es enttäuscht zurücklegen, weil mir daran das Besondere fehlt. Man kann sich natürlich anhand des Buchtitels schon denken, dass es hier viel mehr in die Breite geht als in die Tiefe. Manchmal ist es aber doch besser, zumindest grob Schwerpunkte zu setzen. Der sehr moderne Stil ist aber das, was mir das Buch endgültig kaputtmacht. Dadurch hat es für mich keinerlei Charme. Ich könnte mir auch nicht vorstellen, es zu verschenken. Daher komme ich zum Schluss doch nur auf eine mittelmäßige Bewertung.