RESPEKT !!!

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"Als der Tag begann" ist eigentlich kein Roman, denn Liz Murray schildert darin, wie sie und ihre Schwester Lisa in den Achtzigern in der Bronx aufwuchsen - als Töchter von drogenabhängigen, zeitweise kriminellen, Sozialhilfe empfangenden Eltern. Weihnachten war für sie zwölf Mal im Jahr: nämlich immer an dem Tag als der Postbote mit dem Sozialhilfescheck kam, dessen Ankunft ein festes Ritual im Familienleben darstellte. Wobei "Weihnachten" in diesem Fall heisst, einmal im Monat den Bauch voll zu bekommen und nicht hungern, schnorren oder klauen zu müssen. Das heisst es für die Kinder. Für die Eltern heisst es, auf dem Rückweg vom Supermarkt beim örtlichen Dealer vorbeizuschauen und Kokain für einen Schuss (nein geschnupft wird hier nicht, die Nase soll heil bleiben) mitzunehmen. Anfangs verstecken sich die Eltern noch in der Küche, aber je älter die Kinder werden, desto offener geht der Gebrauch der Drogen vonstatten.

Doch es kommt noch schlimmer: ein Freund der Mutter versucht die Schwestern in der Badewanne zu betatschen, während er die Mutter zum Einkaufen geschickt hat, die Eltern trennen sich, Mutter und Schwester leben bei Mas neuem Freund, Liz bleibt beim Vater. Doch Liz hat Schwierigkeiten die Schule regelmäßig zu besuchen und kommt schließlich in ein Erziehungsheim. Wieder draußen -diesmal bei ihrer Ma- lernt sie an ihrer neuen Schule eine Clique kennen, von denen ihr viele noch heute enge Freunde sind. Nach dem Aidstod ihrer Mutter beschließt Liz wieder zur Schule zu gehen und ihren Abschluß zu machen. Doch so löblich und richtig dieser Entschluß ist, ist es doch nicht einfach, ihn in die Tat umzusetzen, da keine Highschool sie aufnehmen will. Bis sie ein Bewerbungsgespräch an Perrys Schule hat, der es sich zum Ziel gesetzt hat, jungen Leuten zu helfen. Die nächsten Jahre besteht die größte Schwierigkeit darin, dass niemand in ihrer Schule bemerkt, dass sie obdachlos ist, denn das müssten die Lehrer den Behörden melden und Liz würde wieder im Heim landen - Abschluß ade! Aber mit der Hilfe ihrer Freunde schafft Liz es unter größten Anstrengungen. Man kann es sich nicht vorstellen, wie es ist, jede Nacht heimlich in die Wohnung eines anderen Freundes zu schleichen, in der Hoffnung dass dessen Eltern nichts mitbekommen. Morgens nicht zu wissen, wo man abends schlafen wird und nebenher das Pensum von vier Jahren in zweien zu absolvieren - Respekt!

Am Ende bleibt mir nur zu sagen: Ich würde gerne lesen, wie es Dir in Harvard dann ergangen ist, Liz! Wie ich aus dem Epilog entnehmen konnte, war es eine spannende Zeit für Dich...

 

die Waldmeisterin