Erschütterndes Wiedersehen mit Gretel

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
singstar72 Avatar

Von

Ich bin zutiefst ergriffen. Ich habe zuerst gar nicht begriffen, dass dies die Fortsetzung vom "Jungen mit dem gestreiften Pyjama" war! Wie hätte man dieses Buch auch fortsetzen können??

Erst nach und nach ging mir auf, dass hier Gretel die Erzählerin ist - die große Schwester des Jungen, der als Sohn des KZ-Aufsehers sozusagen "versehentlich" auf die andere Seite des Zauns geriet...

Ich bin wie immer erstaunt vom erzählerischen Talent des John Boyne! Besonders gut gefällt mir, wie nuanciert er die verschiedenen Perspektiven hinbekommt. Denn Gretel blickt zurück auf ein langes Leben. Sie erzählt sowohl - in stockenden Ansätzen - von "damals", dann von einer mittelfristigen Vergangenheit in Paris, sowie von der Gegenwart in London. Alle drei Perspektiven sind unterschiedlich, aber sehr detailliert und glaubhaft. Besonders die Schuldfrage hat er gut getroffen!

Kaum zu glauben, dass ein Mann meines Alters die Perspektive einer 90jährigen so gut getroffen hat! Ich habe beruflich mit alten Menschen zu tun, und kann nur sagen, ich finde hier vieles wieder!

Es ist herzzerreißend, wie sich Gretel an die Wunden in ihrem Leben herantastet. Das kann nur schmerzhaft enden... oh weh, wenn da unter ihr eine Familie einzieht, auch noch mit einem Jungen in dem Alter, in dem ihr Bruder damals war!!

Es ist überhaupt keine Frage, dieses Buch MUSS gelesen werden. Auch wenn ich es nicht gewinne.