Ebenso bedrückend wie beeindruckend!

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florinda Avatar

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"Als Großmutter im Regen tanzte", der aus dem Norwegischen von Günther Frauenlob in die deutsche Sprache übersetzte Roman von Trude Teige erschien 2/2023 im Fischer Verlag unter der ISBN 978-3-949465-12-3. Es ist schon erstaunlich, wie man manchmal von Büchern gefunden wird, denn einige Zeit vorher hatte ich im TV eine Doku über den Massensuizid von Demmin gesehen. Über die Behandlung von jungen Französinnen, welche sich mit deutschen Soldaten eingelassen hatten, wusste ich einiges und auch über die Zeit der deutschen Besetzung in Norwegen hatte ich in dem Buch "Die unglaubliche Geschichte des Henry N. Brown" gelesen.

Das mit einem gut zum erzählten, teilweise auf realen Begebenheiten beruhenden Geschehen passenden Cover versehene Buch sprach mich sofort an und berührte mich trotzdem tief. Manche Schilderungen waren nur schwer zu ertragen, aber in solchen Fällen sage ich mir immer: "Andere Menschen mussten das alles erleben, oft genug nicht überleben, also sollte ich zumindest auszuhalten versuchen, es zu lesen." Auch muss man sich m. E. immer wieder vor Augen halten, dass vor allem die Gräuel, welche die rote Armee in Deutschland verbreiteten, oft nur ein schwache Echo dessen waren, was die Deutschen in Russland veranstaltet hatten.

Es geht um drei Frauen: Die erste ist Juni, Anfang 30, schwanger, in einer unglücklichen Beziehung steckend, erzählt uns in der Ich-Form in dem in der Gegenwart angesiedelten Handlungsstrang, was sie erlebt, als sie nach dem Tode ihrer Mutter Lilla (die zweite, keine so große Rolle wie Juni oder gar Tekla spielend, aber für das Verständnis der Familientragödien wichtige Puzzleteilchen liefernd) das auf einer kleinen, kaum noch dauerhaft bewohnten, der norwegischen Küste vorgelagerten Insel gelegene alte Haus auflöst (die Großeltern starben bereits zuvor). Die bereits erwähnte Tekla ist die dritte Frau, die Protagonistin des in der Mitte der 40er Jahre angesiedelten zweiten Handlungsstranges.

Juni findet zufällig ein uraltes Foto, das ihre Oma mit einem deutschen Soldaten zeigt. Im Laufe der Geschichte stellt sich heraus, dass es sich dabei um Otto Adler, Teklas erste große Liebe handelt. Diese Liebe machte sie zu einer - milde ausgedrückt! - persona non grata, sie wurde beschimpft und bedroht, ihr wurden die Haare geschoren...
Otto schwärmte ihr bei heimlichen verbotenen Treffen von seiner Heimat vor, dem großen von seinem Vater geleiteten Gut, bis sie gemeinsam Norwegen hinter sich ließen.
In Deutschland angekommen war alles anders als erwartet. Ein besiegtes Land unter der Besatzung der roten Armee, das Gut bis auf ein von der Armee besetztes Haus zerstört, fast alle Familienmitglieder tot. Es kommt durch die russischen Soldaten zu Plünderungen, Hinrichtungen, Vergewaltigungen, Chaos.
Die Autorin verknüpft geschickt und eindrucksvoll reale Ereignisse wie den oben bereits erwähnten Massensuizid von Demmin mit erdachtem Geschehen und rundet den Roman mit einem Nachwort gut ab.

Bestmögliche Bewertung und Leseempfehlung!